: Bart- und Glatzensteuer
■ Parteien im Schulterschluß: „Kinderlosensteuer“ ist Blödsinn
Berlin (dpa/taz) – Der Vorschlag der Bundesfamilienministerin Hannelore Rönsch (CDU), eine „Kinderlosensteuer“ einzuführen, eint die Parteien im „Superwahljahr“: Spontan und voller rhetorischer Kraft verurteilen Vertreter der CDU, CSU, SPD und FDP den Vorstoß als ausgemachten Blödsinn. „Wir brauchen genauso wenig eine neue Kinderlosensteuer wie eine neue Bart- und Glatzensteuer“, rügt CDU-Politiker Friedhelm Ost. Heftig „überrascht“ zeigt sich der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Johannes Gerster (CDU), und CDU-Finanzexperte Gunnar Uldall wird gar grob: Er rät den Mitgliedern der Bundesregierung, ihre Kreativität doch bitte für das Entdecken neuer Einsparungsmöglichkeiten aufzuwenden, nicht für das Erfinden neuer Steuern. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU), geschwächt von den zähen Verhandlungen über die Pflegeversicherung, äußert müde, es würden doch „schon Schlachten genug geführt“. Besonders laut zetert die CSU, weil der Vorschlag erstens nicht mit ihnen abgesprochen und zweitens überhaupt ganz und gar unausgegoren sei. „Alle, die mehr Steuern und höhere Abgaben wollen, sind auf dem Holzweg“, wettert der Bonner CSU- Landesgruppenchef Michael Glos. Wenig leidenschaftlich präsentiert sich FDP-Fraktionschef Hermann Otto Solms. Er erklärt trocken, daß seine Partei einer „Strafsteuer für Kinderlose“ wenig Sympathie entgegenbringt. Dagegen drückt Generalsekretär Werner Hoyer auf die Tränendrüse: Man könne doch zum Beispiel unfreiwillige Kinderlosigkeit nicht noch mit einer Steuer bestrafen! Familienförderung sei notwendig, sagt er, aber „wem dazu nichts Besseres einfällt als neue Steuern, der ist phantasielos und oft auch ungerecht“. Selbstredend reihte sich auch die SPD ins fröhliche Ministerin-Geißeln, nannte Rönschs Idee „Blendwerk“ und einen „gequälten Verzweiflungsvorschlag“. Es werde „wieder mal Politik ersetzt durch Geschwätz über Politik“, kritisierte Vize-SPD-Vorsitzende Herta Däubler-Gmelin. Und außerdem hetze Rönsch Familien mit Kindern gegen Kinderlose. miß
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen