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Barsani stellt Einigung mit Saddam in Aussicht

■ Der Vorsitzende der Demokratischen Partei Kurdistans glaubt an ein baldiges Abkommen über ein „Autonomes Kurdistan“

Bagdad/Zakho (ap/afp) — Trotz Äußerungen des kurdischen Rebellenführers Massud Barsani über einen bevorstehenden Durchbruch bei den Verhandlungen über eine Autonomie im Nordirak haben sich kurdische Familienälteste gegen eine Rückkehr in die unter irakischer Kontrolle stehende Stadt Dohuk ausgesprochen. Barsani, Vorsitzender der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK), hatte am Sonntag, einen Tag nach einem Treffen mit dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein, gesagt: „Wir nähern uns mit stetigen und überlegten Schritten einem Abkommen.“ Das Gespräch mit Saddam Hussein bezeichnete er als „sehr positiv“.

Kurdische Familienälteste lehnen Rückkehr ab

Kurdische Familienälteste in zwei Flüchtlingslagern in der Schutzzone im Norden Iraks lehnten dennoch eine irakische Garantie für zurückkehrende Kurden ab. Danach sollte die Sicherheit der Kurden von den Vereinten Nationen, aber nicht von alliierten Streitkräften überwacht werden. DPK-Politiker Fasal Merani sagte am Sonntag nach einem Treffen mit Vertretern der USA und des Iraks, die Familienältesten fühlten sich noch zu verwundbar, um ohne eine umfassende Autonomieregelung oder militärischen Schutz der Alliierten zurückzukehren.

Barsani äußerte sich nicht dazu, wann ein solches Abkommen unterschriftsreif sein könnte. Saddam Hussein hatte sich schon im vorigen Monat prinzipiell zur Gewährung von Autonomie für die Kurden und demokratischen Reformen im ganzen Irak bereit erklärt. Die Regierung in Bagdad wies aber bisher alle Forderungen der Kurden nach internationalen Garantien für ein Autonomieabkommen zurück. Auch ist sie nicht bereit, die Ölregion um Kirkuk in das Autonomiegebiet miteinzubeziehen.

Barsani hatte zuvor eine Einigung zwischen den irakischen Kurden und Staatschef Saddam Hussein in allernächster Zeit in Aussicht gestellt. Irakische und kurdische Zeitungen hatten bereits am Samstag berichtet, bei den Verhandlungen zwischen den Kurdenführern und der irakischen Regierung über ein „Autonomes Kurdistan“ im Nordirak stehe eine Einigung kurz bevor. Beide Delegationen kamen nach weiteren Angaben Barsanis am Sonntag erneut zusammen, um die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zu den Streitfragen zu beraten. Dazu gehören die nationale Einheit, Demokratisierung, Anwendung des Kurdenvertrages von 1970 sowie die Rückkehr der Flüchtlinge. An den Verhandlungen nahmen neben der Demokratischen Partei Kurdistans auch die Patriotische Union Kurdistans (PUK), die Kurdische Sozialistische Partei (SPK) sowie die Demokratische Volkspartei Kurdistans teil. Zu seinem zweiten Gespräch mit Saddam Hussein erklärte Barsani, er habe mit dem Präsidenten über „Mittel zur Verstärkung der Brüderschaft zwischen Arabern und Kurden“ gesprochen. Auch die nationale Einheit solle gekräftigt werden.

Barsani, der die kurdische Verhandlungsdelegation leitet, traf sich am Sonntag in Bagdad auch mit dem UN-Sonderbeauftragten für die Flüchtlingshilfe, Prinz Sadruddin Aga Khan. Wie aus dessen Umgebung verlautete, ging es in dem Gespräch um die Not der kurdischen Flüchtlinge und den Ausbau der humanitären Hilfe. Mit der irakischen Führung hatte Sadruddin zuvor vereinbart, die Hilfe für die Kurden im Nordirak auszuweiten. Der UN- Sonderbeauftragte will am Montag die Flüchtlingslager bei Sacho und im türkischen Silopi besuchen, bevor er mit Präsident Turgut Özal zusammenkommt. In der kurdischen Stadt Dohuk, etwa fünf Kilometer südlich der alliierten Sicherheitszone im Nordirak, eröffnet die UNO am Montag ein Büro. Ein halbes Dutzend Lastwagen mit Hilfsgütern sei bereits unterwegs nach Dohuk, berichtete das UN-Büro im nordirakischen Flüchtlingszentrum Sacho. Nach Darstellung von Hilfsorganisationen wollen mehr als 300.000 aus Dohuk stammende Flüchtlinge erst in die Stadt zurückkehren, wenn die irakischen Soldaten abgezogen sind und alliierte Soldaten die Stadt kontrollieren.

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