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Barsani erklärt sich zum Wahlsieger

■ Bei den Wahlen in Kurdistan siegte der „Feudalist“ gegen den „Sozialisten“

Erbil (afp/taz) — Der Chef der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK), Massud Barsani, hat bei den Kurdenwahlen im Nordirak übereinstimmenden Angaben zufolge offenbar einen knappen Sieg errungen. Sowohl bei den Parlaments- als auch bei den Präsidentschaftswahlen habe Barsanis Partei etwas mehr Stimmen als die Patriotische Union Kurdistans (PUK) von Dschalal Talabani erhalten, berichtete der Chef der Sozialistischen Partei Kurdistans, Mahmud Osman, am Freitag. Offizielle Ergebnisse lagen noch nicht vor.

Andere Kurdenführer und Mitarbeiter der Wahlkommission bestätigten gegenüber 'afp‘ den knappen Wahlerfolg der DPK. DPK-Chef Barsani kündigte an, mit den wichtigsten Führern der nordirakischen Kurden über den Ausgang der Wahl zu beraten, bevor das endgültige Ergebnis veröffentlicht wird. Nach Angaben aus Kreisen der Kurdistan- Front sollte es bei den Beratungen der Kurdenführer am Freitag abend um eine nachträgliche Senkung der Sieben-Prozent-Sperrklausel gehen, die von den kleineren Parteien nicht erreicht worden war. In der Kurdistan-Front, die die Wahlen organisiert hatte, sind alle kurdischen Parteien zusammengeschlossen, die in Opposition zu dem Regime Saddam Husseins in Bagdad stehen.

Im Ergebnis dieser Beratungen wird man auch wissen, ob Jelal Talabani, der ewige Konkurrent der Familie Barsani, das Ergebnis akzeptiert und damit eine möglicherweise folgenschwere Auseinandersetzung zwischen seiner PUK und der Demokratischen Partei verhindert. Von den politischen Positionen her ist die Differenz zwischen beiden eher gering.

Zwar wird Barsani nachgesagt, er sei nach wie vor den traditionellen Stammesstrukturen Kurdistans mehr verpflichtet als Talabani, tatsächlich neigen aber beide zu einem völlig paternalistischen Politikstil. Aktuell geht es vor allem um den Umgang mit der irakischen Zentralregierung in Bagdad, wo Barsani eher moderate Positionen nachgesagt werden. Im Gegensatz zu Talabani hält er eine Verhandlungslösung für möglich.

Der mit der Überwachung der Wahlen beauftragte Richter Amir Abdel Karim el Hawesi wies die Vorwürfe wegen Wahlbetruges indessen zurück. Er bezeichnete den Ablauf der Wahlen als „zufriedenstellend“. Auch mehrere internationale Wahlbeobachter sprachen von gerechten und freien Wahlen. Aus dem am Dienstag abgehaltenen Urnengang soll ein Kurden-Parlament mit 105 Sitzen und ein Präsident hervorgehen. Die beiden aussichtsreichsten Kandidaten für das Präsidentenamt, DPK-Chef Barsani und der Leiter der PUK, Talabani, hatten sich vor den Wahlen schriftlich dazu verpflichtet, das Ergebnis anzuerkennen. Die Regierung in Bagdad hatte die Wahlen von vorneherein für illegal erklärt.

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