Bankenskandal: Neue Befangenheitsanträge: Anwälte torpedieren Bankenprozess
Anklage und Verteidigung liefern sich weitere Scharmützel. Neue Befangenheitsanträge.
Nach riskanten Immobiliengeschäften gerät die mehrheitlich landeseigene Bankgesellschaft an den Rand des Zusammenbruchs. 2001 fliegen die krummen Geschäfte der Manager auf.
Die politischen Folgen: Die große Koalition in Berlin zerbricht, CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky verliert alle politischen Ämter. Er stolpert über die zweifelhafte Kreditvergabe an frühere CDU-Abgeordnete, zeitnah zu einer Barspende an Landowsky.
Auf Geheiß der EU-Kommission muss Berlin seine Bank verkaufen, darunter die lukrative Sparkasse. Dem Land entsteht Schaden in Millionenhöhe.
Der wohl letzte große Strafprozess im Bankenskandal wird weiter von Scharmützeln zwischen Richtern und Verteidigern dominiert. Am zweiten Verfahrenstag vor dem Landgericht lähmten die Anwälte der zwölf Angeklagten den Prozess erneut mit einem Befangenheitsantrag und Besetzungsrügen. Nach zweieinhalb Stunden war am Montag Schluss, weiter geht es erst in zwei Wochen. In dem Prozess müssen sich neben dem ehemaligen Berliner CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus-Rüdiger Landowsky elf weitere Exbankmanager wegen schwerer Untreue verantworten.
Ein erster Befangenheitsantrag mehrerer Verteidiger gegen die Richter war zuvor als "unbegründet" abgelehnt worden. Gleichwohl legte Landowsky am Montag nach und erklärte die Vorsitzende Richterin Claudia Wolter für befangen, nachdem sie die bisherige Presseberichterstattung über den Fall als "ordentlich" bezeichnet hatte. Die Verteidiger zitierten dazu eine Überschrift und einen Artikel von Peter Grottian aus der taz ("Vergesst Landowsky!"), um zu verdeutlichen, wie sehr ihr Mandant tatsächlich in den Medien verunglimpft werde. Die Staatsanwaltschaft wandte sich gegen den Befangenheitsantrag.
Die Besetzungsrügen mehrerer Verteidiger bezogen sich auf die Auslosung der Hilfsschöffen. Für dieses Verfahren sei bei einem öffentlichen Aushang ein falscher Termin angegeben worden, erklärte Rechtsanwalt Robert Unger. Es sei demnach Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit verwehrt worden, der Auslosung beizuwohnen. "Die Öffentlichkeit ist nicht hergestellt worden", sagte Unger. Auch die Wahl des Ergänzungsrichters wurde kritisiert.
In dem Prozess geht es um zwei sogenannte Rundum-sorglos-Fonds der Bankimmobilientochter IBG, die Mitte der 1990er aufgelegt und den Zeichnern langfristig Mietgarantien und erhebliche Steuervorteile geboten haben sollen. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass die Angeklagten damals wussten, wie riskant Mietgarantien über 25 Jahre sind - der Immobilienmarkt war damals schon im Sinkflug. Durch das risikoreiche Geschäftsmodell soll der Berliner Bankgesellschaft und damit dem Land Berlin umgerechnet ein Schaden von etwa 58 Millionen Euro entstanden sein. Der Prozess wird am 13. Juli fortgesetzt. PEZ
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