Bankenskandal: Interview mit Rechtswissenschaftler: "Die Anklage platzt nicht"
Der Prozess gegen Ex-CDU-Fraktionschef Landowsky und seine Mitangeklagten wird trotz aller Befangenheitsanträge der Verteidiger weitergehen, sagt Rechtswissenschaftler Uwe Wesel.
taz: Herr Wesel, der wohl letzte Prozess im Bankenskandal hat begonnen - und ist schon ins Stocken geraten, bevor die Anklage verlesen wurde. Zehn von zwölf Verteidigern haben Befangenheitsanträge gegen die drei Richter eingereicht, am Montag soll die Entscheidung darüber bekannt gegeben werden. Platzt der Prozess gegen die Hauptfiguren des Berliner Filzes?
Uwe Wesel: Das glaube ich nicht. Aber es ist sehr kompliziert. Die Richter haben in einem früheren Fall, als es um Bilanzfälschung, ging, eine Anklage abgelehnt. Sie haben - sehr vereinfacht gesagt - erklärt, die Bilanzmethode sei Kosmetik gewesen, aber noch keine Fälschung. Ergänzend haben sie hinzugefügt, die Beschuldigten hätten sich "wie Spieler" verhalten, und auch das Wort "gewettet" fiel. Kompliziert haben sie meinem Verständnis nach ausgedrückt: Bilanzfälschung ist das nicht, ein Schneeballsystem auch nicht - aber es sei in einem späteren Verfahren genauer zu prüfen, ob der Tatbestand der Untreue erfüllt sei. Die Richter haben aber nicht gesagt, dass sie von vornherein davon ausgehen.
Die Verteidiger haben sich auf die Aussage "wie Spieler" gestürzt. War dieser Satz wirklich nötig?
Im wohl letzten großen Bankenskandal-Prozess sind zwölf ehemalige Manager der einstigen Berliner Bankgesellschaft wegen schwerer Untreue angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, Anlegern bei Fondsgeschäften unrealistische Konditionen vorgegaukelt zu haben und so das Land Berlin um 58 Millionen Euro geprellt zu haben.
Der prominenteste Angeklagte ist der Berliner Ex-CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky (66). Er verlor im Zuge des Skandals alle seinen politischen Ämter und ist in einem früheren Verfahren bereits zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Der nächste Termin für das Verfahren ist am kommenden Montag.
An sich war das überflüssig, aber darüber kann man sich streiten. Die Richter haben nichts vorweggenommen und keine Wertung abgegeben, daher sind sie meiner Meinung nach auch nicht befangen. Ich finde, die Richter haben sich sehr vorsichtig ausgedrückt.
Also noch mal: Sie glauben nicht, dass der letzte große Prozess im Bankenskandal platzt?
Nein, die Anklage platzt nicht. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass eine Strafkammer aufgrund dieser vorsichtigen Formulierung die Richter absetzt. Aber sicher sein kann man nie. Falls doch, müssten sich neue Richter einarbeiten, das würde das Ganze zeitlich verzögern.
Ist es normal, dass die Verteidiger mit so einer Flut von Anträgen gleich zu Prozessbeginn aufwarten?
Ja, das ist üblich. Die Verteidiger werden auch weiter alle möglichen Verzögerungen einbauen. Hier geht es ja um die Wurst: Landowsky läuft Gefahr, verurteilt zu werden. Er könnte zusammen mit seiner früheren Bewährungsstrafe eine Gesamtstrafe von mehr als zwei Jahren erhalten, die dann nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wird. Dann ist Lando fällig.
Muss der Strippenzieher dann wirklich ins Gefängnis?
Er könnte höchstens auf "haftunfähig" plädieren und müsste von einem Amtsarzt untersucht werden.
Für wie wahrscheinlich halten Sie denn eine Verurteilung?
Ich gehe davon aus, dass Landowsky bestraft wird mit einer Gesamtstrafe, die nicht mehr zur Bewährung ausgesprochen wird.
Interview: Kristina Pezzei
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