Bankenrettung belastet spanischen Staat: Warten auf den Rettungsschirm
Mehr Haushaltsdisziplin hätte die Krise nicht verhindert. Stärkere Regulierung schon. Nun sitzen Spaniens Banken auf faulen Krediten in Höhe von 180 Milliarden Euro.
BERLIN taz | Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy wird langsam zappelig. Weil die Sanierung des Bankensektors bis zu 100 Milliarden Euro kosten wird, sieht die Ratingagentur Fitch sein Land knapp vor der Insolvenz. Rajoy fordert deshalb, dass die EU-Kommission schnell umsetzt, was seinem Land beim EU-Gipfeltreffen Ende Juni in Aussicht gestellt wurde: die direkte Rekapitalisierung der maroden Banken über den Euro-Rettungsschirm. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte, bevor es keine gemeinsame europäische Bankenaufsicht gebe, gebe es kein Geld – also nicht mehr in diesem Jahr.
Nun müssen die Kredite zunächst über den spanischen Bankenrettungsfonds an die Geldhäuser geleitet werden. Somit fließen sie in die Berechnung der Staatsschulden mit ein. Der spanische Staat selbst wäre gar kein ausgesprochener Krisenkandidat. Die Verschuldung beträgt nur 68 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Griechenland ist mit 165 Prozent, Italien mit 120 Prozent und Deutschland mit 83 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verschuldet.
Das spanische Desaster begann mit einem nie da gewesenen Immobilienboom. Viele Leute kauften in den Nullerjahren alles, denn die Hypothekenzinsen lagen dank der Einführung des stabilen Euro unter Abzug der spanischen Inflationsrate zeitweilig bei null Prozent.
Die Banken wollten das Geschäft nicht verpassen – zumal es in der spanischen Volkswirtschaft mit ihrer schmalen industriellen Basis nicht viele Geschäftsalternativen gab. Der Staat interessierte sich wenig für die Risiken und wollte die Megaparty nicht durch schnöde Regulierung verderben.
Sparkassen finanzierten großzügig Immobilien
Besonders gut dabei waren die Cajas, die Sparkassen, die von lokalen Polit- und Kirchengrößen beherrscht wurden. Diese konnten ihre Pfründen umso besser verteidigen, je großzügiger sie Privathäuser und Geschäftsimmobilien finanzierten. Sie vergaben mehr als die Hälfte aller Hypotheken.
Als die Finanzkrise 2007 aus den USA nach Europa schwappte, erkannten die Käufer die Wohnungspreise plötzlich als überteuert. Bau- und Immobilienunternehmen gingen reihenweise pleite und entließen die Arbeiter. Viele können nun ihre Hypotheken nicht mehr abbezahlen und werden Opfer von Zwangsräumungen – was wiederum die Banken in die Bredouille bringt.
Mit 320 Milliarden Euro beziffert Madrid das Gesamtvolumen der ausstehenden Immobilienkredite der spanischen Banken. 180 Milliarden davon sind „Not leidend“: Sie werden nicht mehr abgezahlt und müssen als Verluste abgeschrieben werden. Ohne neues Kapital vom Staat oder der EU droht vielen Banken der Zusammenbruch – mit noch viel dramatischeren Auswirkungen für die Wirtschaft und die globalen Finanzmärkte.
Die Regierung versuchte, den Sektor über Fusionen zu konsolidieren. Von ursprünglich 45 Sparkassen ist nur noch ein Drittel übrig. Anfang 2011 schlossen sich die Sparkassen Caja Madrid und Bancaja mit fünf kleineren Geldinstituten zur Bankia zusammen, die dann an die Börse ging. Das endete mit gigantischen Verlusten und der Verstaatlichung. Inzwischen ermittelt die Justiz. Der Börsengang sei ein „massiver Betrug“ an Kleinaktionären gewesen. Die Aktien verloren drei Viertel an Wert.
Die deutschen Banken lässt das nicht kalt. Spanien ist das Krisenland, in dem sie die meisten Kredite ausstehen haben – an die spanischen Banken, an Unternehmen aus der Bauwirtschaft und den Staat selbst. Am stärksten betroffen: die Commerzbank, die sich mit ihrer Tochter Eurohypo ausgerechnet auf Immobilien- und Staatskredite spezialisiert hatte.
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