: Bangemann predigt Optimismus
Berlin (adn) - Mit „verhaltenem Optimismus“ sieht der Vizepräsident der EG-Kommission Bangemann die Eingliederung der DDR in die EG. Die Landwirtschaft werde in verhältnismäßig kurzer Zeit das EG-Niveau erreichen, äußerte Bangemann auf dem Deutschen Raiffeisentag 1990 am Donnerstag in West-Berlin. Er forderte die landwirtschaftlichen Betriebe in der DDR auf, sich „möglichst schnell auf die hohen EG-Qualitätsstandards einzustellen“. Die bis Ende 1992 befristeten Ausnahmeregelungen von den gemeinschaftlichen Qualitätsvorschriften, so für Pflanzenschutz, Veterinär- und Hygienestandards, Zusatzstoffe und Kennzeichnungspflichten, seien auf das Wirtschaftsgebiet der dann ehemaligen DDR beschränkt. Dabei werde die Kaufzurückhaltung der Kunden mehr bewirken als manche Verordnung aus Brüssel, sagte Bangemann. Um Agrarerzeugnisse EG-weit vermarkten zu können, müßten sie den Anforderungen entsprechen. Ein Strukturwandel sei auch in der Landwirtschaft unvermeidlich. Dafür stelle die EG vier Milliarden DM zur Verfügung. Andererseits erwarte man aus Mehrwertsteuern und Zöllen drei Milliarden DM Einnahmen. Schlimmer als die Strukturanpassung sei eine chronische EG-Überproduktion. Es habe wenig Sinn, wenn in der EG mit Subventionen Überschüsse produziert würden, die anschließend auf dem Weltmarkt mit noch mehr Subventionen abgesetzt werden müßten. Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle verurteilte Praktiken bundesdeutscher Händler, die die Notlage und Unerfahrenheit von LPG-Mitgliedern auf kriminelle Weise ausnutzten und wertvolle Agrarprodukte nicht kauften, sondern zu „Schund- und Schandpreisen an sich reißen“. Bei der Sanierung der DDR-Agrarmärkte konzentriere sich die Bundesregierung auf staatliche Intervention zum umfangreichen „Herauskauf“ von Getreide, Butter, Magermilchpulver, Schweine- und Rindfleisch aus dem Markt. Zum Absatz dieser Produkte auf Drittmärkten sollten Ausfuhrbeihilfen gewährt werden. Die umgehende Produktionsrückführung in der DDR auf den internen Bedarf erfordere noch in diesem Herbst die Stillegung von Flächen bei der Getreideproduktion und die Einführung der EG -Garantiemengenregelung bei Milch.
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