BVG: Opposition gegen Preiserhöhung: Die BVG ist neben der Spur
Verkehrsbetriebe müssen Verlust von 247 Millionen Euro verkraften. Hauptgrund: Windige grenzüberschreitende Spekulationsgeschäfte. Der Senat will die Fahrpreise nicht vor 2010 erhöhen.
Die Opposition fordert den Senat auf, für stabile Fahrpreise bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) zu sorgen. Es sei "unsozial und verantwortungslos", wenn "Fahrgäste für Fehlentscheidungen des Managements zur Kasse gebeten werden", sagte die Grünen-Verkehrspolitikerin Claudia Hämmerling am Freitag. Die BVG hatte im vergangenen Jahr einen Verlust in Höhe von 247 Millionen Euro ausgewiesen - davon 156 Millionen Euro wegen windigen grenzüberschreitenden Finanzspekulationen. "Die Forderung der BVG nach höheren Fahrpreisen ist absurd", findet Klaus-Peter von Lüdeke, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Er forderte den Senat auf: "Lassen Sie es nicht zu, dass die Bürgerinnen und Bürger für das Versagen der BVG-Führung zahlen." Der CDU-Wirtschaftspolitiker Heiko Melzer forderte vom Senat die Zusage, dass es durch die "Situation im Finanzbereich der BVG zu keinerlei Fahrpreiserhöhungen Anfang 2010 kommen wird".
Zwischen den Jahren 1997 und 2002 hatten die Verkehrsbetriebe insgesamt 427 U-Bahn-Wagen und 511 Straßenbahnen an Unternehmen in den USA vermietet und sofort wieder zurückgemietet. Dabei nutze die das landeseigene Unternehmen ein Steuerschlupfloch in den USA aus und strich 68,9 Millionen Euro ein. Doch jetzt kam die Finanzkrise dazwischen - die BVG musste knapp 160 Millionen Euro an Rückstellungen für erwartete Verluste aus dem Geschäft in ihre Bilanz einstellen. Die Vorstand will jetzt gegen die US-Bank J. P. Morgan Chase klagen, weil die das Unternehmen schlecht beraten habe.
Die BVG hat vier Möglichkeiten, die Spekulationsverluste wieder auszugleichen. Erstens könnte sie beim Senat um Erlaubnis bitten, die Fahrpreise zu erhöhen. Ingeborg Junge-Reyer (SPD), die als Senatorin für Stadtentwicklung auch für Verkehr zuständig ist, ist allerdings gegen Preiserhöhungen in diesem Jahr. "Unsere Haltung ist, dass man über Tariferhöhungen erst für das Jahr 2010 sprechen kann", sagte ein Sprecher von Junge-Reyer am Freitag. Bereits beschlossen ist, dass der Preis für das Seniorenticket zum 1. Februar 2010 von 45 Euro auf 47 Euro erhöht wird.
Zweitens könnte die BVG ihre Kosten senken und zum Beispiel Mitarbeiter entlassen. Doro Zinke, stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, hält das für keine gute Idee: Es dürfe "der Schwarze Peter nicht den Beschäftigten untergeschoben werden".
Drittens könnte die BVG noch einmal am Finanzmarkt spekulieren und darauf hoffen, dass der Plan diesmal aufgeht. Die Gewinne aus dem neuen Geschäft könnten dann die Verluste decken. Doch nachdem das Unternehmen gerade erst seine Inkompetenz bei solchen Geschäften unter Beweis gestellt hat, gilt diese Möglichkeit als völlig unwahrscheinlich.
Am Ende bleibt dann nur noch, dass der Eigentümer der BVG bezahlt, also das Land Berlin. Für die Fehlspekulation würde im Ergebnis also der Steuerzahler aufkommen.
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