BUNSENBRENNER: Methan-Steuer für Rindviecher
■ Kühe und Treibhauseffekt
Die dominanten Spezies auf unserem Globus sind Rindviecher. Gemeint sind die vierbeinigen, wiederkäuenden Milchlieferanten. Daß das liebe Vieh die Welt beherrscht, ist jedenfalls der Eindruck, den außerterrestrische Ökologen beim Studium unseres Planeten bekommen müßten. Diese Ansicht vertritt David Wright, terrestrischer Ökologe an der Universität Georgia. Er kann seine Meinung mit vielen Zahlen belegen: 24 Prozent der Landoberfläche der Erde ist Weideland. Über zwei Prozent aller von ländlichen Ökosystemen mittels Photosynthese produzierter „Primärenergie“ verschwindet im Magen der grasenden Viecher. Pfund um Pfund wiegen amerikanische Rindviecher viermal soviel wie amerikanische Zweibeiner.
Wright ist der Ansicht, daß das liebe Vieh mitverantwortlich für das Aussterben vieler Arten ist, weil es zuviel „Primärenergie“ in Anspruch nimmt, Energie, die anderen Arten verloren geht. (Mit Landwirtschaft, Urbanisierung und anderen Eingriffen in die Umwelt leitet der Mensch zwischen 20 und 30 Prozent der terrestrischen Primärenergieproduktion von natürlichen Systemen weg, errechnete Wright. Deshalb, meint er, werden bis zum Jahr 2000 drei bis neun Prozent aller Arten gefährdet sein oder aussterben). Doch damit nicht genug der Kritik an den muhenden Mitbewohnern. Tierische Fette in Fleisch und Milch sind zu reichlich, wird gemeckert. Ebenso die Ausscheidungen. Was da aus Ställen und Wiesen übelriechend in Bäche und Seen rinnt, regt Grünzeug zu gewaltigem Wachstum an. Schlimmer noch als verstopfte Arterien und verstopfte Gewässer: Das Vieh ist für 85 Prozent der weltweiten Bodenerosion verantwortlich. Tropische Regenwälder werden für billiges Rindfleisch geopfert. 136 Tonnen Getreide verzehren amerikanische Rindviecher jährlich, genug um 400 Millionen Menschen zu ernähren.
Neuerdings wird das liebe Vieh einer weiteren Umweltsünde bezichtigt. Es bastelt mit am Treibhauseffekt. 15 Prozent der globalen Methan-Emissionen gehen auf das Konto der Wiederkäuer, errechnete jüngst die US- Umweltbehörde. Methan ist nach Kohlendioxid das zweitwichtigste Treibhausgas. Nur Reisfelder sind noch schlimmere Methan- Produzenten. 400 Liter Methan emittiert eine Kuh am Tag. Das ist immerhin so viel, daß US-Senatoren diese Emissionsquelle im Rahmen der Novellierung des Luftreinhaltegesetzes heftig diskutierten. Katalysator einbauen, forderten die einen, Methan- Steuer erheben, die anderen. „Pfropfen drauf“, meinte mitleidslos der Umweltexperte Bill Mintzer. Der Pfropfen übrigens müßte vorne angebracht werden. Kühe entledigen sich ihrer Methan-Dämpfe nicht mit Fürzen, sondern mit Rülpsern. san
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