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Archiv-Artikel

BUNDESKARTELLAMT SIEGT ÜBER GASVERSORGER – FAST FOLGENLOS Erst im Oktober kommt’s drauf an

Sehr her, es gibt mich auch noch! Der Druck des Bundeskartellamts auf einige Gasversorger, die nun dem freien Wechsel der Lieferanten zustimmen, ist kaum mehr als eine Präsenzdemonstration der Wettbewerbsschützer. Es ist lobenswert, wenn sich das Amt der dubiosen Gaspreisgestaltung annimmt. Doch dass die Aktion den Kunden wirklich viel bringt, muss bezweifelt werden.

Denn zum 1. Oktober kommt der freie Markt ohnehin. Und nicht ohne Grund hatte die zuständige Regulierungsbehörde, die Bundesnetzagentur, den Gasunternehmen diese Zeit gegeben. Wettbewerb kann schließlich erst funktionieren, wenn auch die organisatorischen Strukturen für die Durchleitungspflicht geschaffen sind: Der Datenaustausch der Akteure muss vereinheitlicht werden, Vergütungsregeln müssen definiert und technische Rahmenbedingungen geklärt werden.

Alles das weiß natürlich auch das Kartellamt. Gleichwohl musste es handeln – nicht zuletzt zahlreicher Gaskunden wegen, die ihre Zahlungen boykottieren. Also haben die Kartellwächter eine beschleunigte Liberalisierung light ersonnen: Der Kunde bekommt sein Gas weiterhin von seinem ehemaligen Monopolisten, doch es geht zuvor buchhalterisch durch die Hände eines Dritten.

Es dürfte einstweilen ein Wettbewerb auf dem Papier bleiben. Zumal man vom Strommarkt weiß, dass Bewegung erst dann in einen Markt kommt, wenn auch neue Akteure antreten, die nichts mit den bisherigen Monopolisten zu tun haben. Und auch die werden im April noch nicht auf der Matte stehen, um in ausgewählten Netzgebieten um Haushaltskunden zu werben; auch sie brauchen zeitlichen Vorlauf. Ab Oktober dürfte jedoch mit neuen Anbietern zu rechnen sein.

Die Kartellamtsentscheidung als Nullnummer? Nicht ganz. Sie ist wichtig, weil einmal mehr an die Öffentlichkeit dringt, dass am Gasmarkt nun Wettbewerb einzieht. Den Apriltermin können die Haushalte zwar getrost vergessen, aber zur neuen Heizperiode hin sollte sich jeder Gaskunde schon mal im Kalender vormerken: „Gasversorger wechseln prüfen“. BERNWARD JANZING