BLAIR: WENIGER EU-KONTROLLEN FÜR GRIECHENLAND UND PORTUGAL : Selbstbedienung statt Gleichbehandlung
In seinem Finanzvorschlag zum Nikolaustag hatte Tony Blair den neuen Mitgliedstaaten das Taschengeld um zehn Prozent gekürzt. Zum Trost müssen sie davon aber keine Hefte und Bücher mehr kaufen, sondern dürfen alles für Süßigkeiten ausgeben. Gestern gab es noch einen mageren Nachschlag von ein paar Euro zusätzlich für alle. Vor allem aber wurden die Süßigkeiten nun auch Griechenland und Portugal versprochen.
Die Idee, den Mitgliedstaaten mehr Freiheit beim Geldausgeben zu lassen, ist gar nicht so verrückt: Die Antrags- und Kontrollprozeduren, um Geld aus Brüssel zu bekommen, sind in den letzten Jahren nach jedem neuen Korruptionsskandal komplizierter geworden. Jedes Land hat die Verwendung ganz genau nachzuweisen und muss dafür eine Menge in die Arbeitszeit von Beratern und Beamten investieren. Verkürzt man diese Wege, spart der Antragsteller Geld.
Die Frage ist nur, was dann damit passiert. Auch in diesem Jahr hat der Rechnungshof wieder festgestellt, dass 80 Prozent der EU-Mittel, die in grauen oder schwarzen Kanälen versickern, nicht in Brüssel, sondern in den Mitgliedstaaten verloren gehen. Denn nichts ist so anfällig für Betrug und Misswirtschaft wie Subventionszahlungen. Die Kontrollen ausgerechnet bei den neuen Mitgliedsländern weniger gründlich zu gestalten, ist eine kuriose Idee. Denn gerade dort sind die Strukturen, um Mittel aus Brüssel ordentlich zu verwalten, nicht vollständig aufgebaut. Dort gibt es mit Korruption und Misswirtschaft besonders große Probleme. Dass das Geld nun leichter auch nach Griechenland und Portugal fließen soll, macht es nicht besser. Auch in diesen Ländern ist schon viel versickert.
Beim Umgang mit EU-Mitteln müssen für alle die gleichen Regeln gelten. Sind die Kontrollen zu schwerfällig, ist die Bindung der Mittel zu unflexibel, muss das geändert werden. Sind die Vorschriften aber sinnvoll, sollten alle 25 sie beachten. Einer Schulklasse würde es auch nicht gut bekommen, wenn einige Schreibhefte haben und andere nur Kaugummi kauen. DANIELA WEINGÄRTNER