piwik no script img

Archiv-Artikel

BILLIGFLIEGER: REGIERUNG UND BAHN MÜSSEN IHRE CHANCEN NUTZEN Wer überlebt, hebt die Preise an

Auch der Himmel hat Grenzen, zumindest für die Billigflieger. Für diese Branche rechnet die Unternehmensberatung McKinsey mit deutlich sinkenden Wachstumsraten und Insolvenzen. Am Ende werden nur zwei bis drei dieser Airlines in Europa überbleiben. Denn auch die Billigflieger folgen den Gesetzen der Marktwirtschaft: Nach dem Einstreichen der Pioniergewinne und der Boomphase des ganzen Geschäftsfeldes folgt die Konsolidierung. Der Markt wird irgendwann unter wenigen Großen aufgeteilt. Wer überlebt, gewinnt an Macht – und hebt die Preise. Tickets sind dann nur noch zu realistischen Preisen zu haben.

Die Überlebenden werden allerdings auch eine stärkere Position in strittigen Verhandlungen mit der Politik besitzen. Und von denen gibt es genug, wenn auch die Bundesregierung viel zu nachsichtig ist. Ein Beispiel: die Kerosinsteuer. Das ökologisch bedenkliche Fliegen ist auch deshalb so günstig, weil der Treibstoff – anders als der Sprit beim Auto oder der Fahrstrom bei der Bahn – vom Fiskus nicht belastet wird. Bislang konnte sich die EU aber nicht dazu durchringen, den Wettbewerbsvorteil für die Flieger zu beseitigen. Stattdessen streiten Europas Finanzminister nun um eine minimale Ticketgebühr, die als neue Geldquelle für die Entwicklungspolitik genutzt werden soll.

Doch auch die Wettbewerber können etwas tun. Die Deutsche Bahn zum Beispiel hat endlich auf die Konkurrenz der Billigflieger reagiert und bietet nun ebenfalls Sonderpreiskontingente an. Das ist als Marketinginstrument – und etwas anders sind die Schnäppchenpreise bei den Billigfliegern auch nicht – sinnvoll. Doch billig allein reicht nicht – niemand kann sich angesichts eines defizitären Personenfernverkehrs unwirtschaftliche Dauer-Dumpingpreise der Bahn wünschen. Auf Dauer kann die Bahn gegen zwar schnelle, aber enge und oft verspätete Billigflieger nur mit Qualität und gutem Service punkten. Und hier hat die Deutsche Bahn AG gewiss noch Nachholbedarf. Aber dies ist auch eine Chance. Wer mit der Bahn fährt, erwartet Verbesserungen. Wer billig fliegt, eigentlich nicht.

STEPHAN KOSCH