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Archiv-Artikel

BGH: Auch eine Rockband kann kriminell sein

Sie nannten sich „Terroristen mit E-Gitarre“ und produzierten den „Soundtrack zur arischen Revolution“. Jetzt hat der Bundesgerichtshof die Musikgruppe „Landser“ in einem Grundsatzurteil als kriminelle Vereinigung eingestuft

KARLSRUHE taz ■ Auch eine Rockband kann als „kriminelle Vereinigung“ klassifiziert werden. Dies entschied gestern der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil. Er bestätigte damit das Urteil gegen den Texter der Nazi-Band „Landser“, Michael Regener. Er war vom Kammergericht Berlin im Dezember 2003 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Band gehe es vor allem um die Begehung von Straftaten wie „Volksverhetzung“ und „Billigung von Straftaten“.

„Etwa jedes zweite Stück auf einer ‚Landser‘-CD verstößt gegen Strafgesetze“, rechnete gestern der Vorsitzende Richter Klaus Tolksdorf vor. „Kanaken, Zecken, all der Dreck, die kommen bald alle weg“, zitierte der Richter. „Das Recht zu wählen haben Nigger auch, Strick um den Hals oder Kugel im Bauch“, so ein anderer „Landser“-Text.

Mit seiner Revision wollte der 39-jährige Regener, der als Bandleader gilt, die Einstufung der „Landser“ als „kriminelle Vereinigung“ kippen. Regener war zwar nach Karlsruhe gekommen, ganz in Schwarz gekleidet mit kahl geschorenem Kopf, ließ aber ausschließlich seinen schlecht vorbereiteten Anwalt Arnold Wensdorf reden. „Die Band wollte vor allem Musik machen, um gehört zu werden und um Platten zu verkaufen“, argumentierte der Advokat. Er wies insbesondere den Vorwurf der konspirativen Tätigkeit zurück. Zwar habe die Band seit 1992 keine öffentlichen Auftritte mehr gehabt. Dies habe aber weniger der Vermeidung von Strafverfolgung gedient, sondern sollte die Band vor allem interessant machen. „Erst so sind sie zur Kultband der Szene geworden“, argumentierte Wendorf.

Bundesanwalt Joachim Lampe wies jedoch den künstlerischen Anspruch als „reinen Schutzmantel“ zurück. Auch von Gesinnungsstrafrecht könne keine Rede sein. „Darüber kann man diskutieren, wenn es um eine Vereinigung geht, die Straftaten erst plant, hier wurden sie aber permanent ausgeführt“, so Lampe. Immerhin hätte sich die Band selbst als „Terroristen mit E-Gitarre“ bezeichnet und ihre Musik als „Soundtrack zur arischen Revolution“.

So sah dies auch der BGH. „Es mag zwar ungewohnt sein, eine Musikgruppe als kriminelle Vereinigung zu sehen, aber hier geht es eben nicht um einen strafbaren Ausrutscher, sondern um die professionelle Begehung von Straftaten“, erklärte Richter Tolksdorf.

Für die Bundesanwaltschaft (BAW) bringt das BGH-Urteil vor allem zwei Vorteile: „Wenn die Volksverhetzung verjährt ist, können wir immer noch wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung bestrafen“, so Ankläger Lampe. „Außerdem leisten viele Staaten bei bloßen Agitationsdelikten keine Rechtshilfe, tun dies aber doch, wenn es um eine kriminelle Vereinigung geht.“

Allerdings bekam die Bundesanwaltschaft gestern auch einen Rüffel vom Gericht. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hatte die Polizei Regeners Telefonanschluss überwacht und dabei auch ein Telefongespräch von Anwalt Wensdorf mit dem Angeklagten aufgezeichnet und ausgewertet. Der BGH stellte nun klar, dass die Kommunikation zwischen Anklage und Verteidigung geschützt ist. Zu einer Aufhebung des Urteils gegen Regener führte der Verfahrensfehler freilich nicht. (Az: 3 StR 233/04)

CHRISTIAN RATH

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