BESCHWINGENDES TAGEWERK : Purer Aktionismus
Pünktlich zum Wochenende bin ich krank. Draußen tobt der Frühling, in mir tobt der Kampf körpereigene Fresszelle gegen Virus. Am Samstag schaffe ich es noch, mit einer Paracetamol gedopt, mit Söhnchen und Großelternbesuch auf den Kinderbauernhof, am Sonntag schaffe ich gar nichts mehr.
Am Montag kann ich gegen Mittag nicht mehr länger schlafen. Eine kribbelige Unruhe packt mich. Habe ich ein paar Tage verpasst, lege ich mitunter einen merkwürdigen Aktionismus an den Tag und erledige Dinge, die man nicht unbedingt erledigen muss und deshalb normalerweise auch nicht erledigt. Und so bin ich schon wenig später, mit einem kaputten Stuhl in der Hand und auch nur noch ein klitzekleines bisschen wacklig auf den Beinen, unterwegs zum Tischler nebenan. „Zeig mal her, deinen Schrotthaufen“, sagt der. „Für ’nen Fuffi reparier’ ich dir den, is’ ja ein schönes Stück.“ Froh, dass der Schrotthaufen Gnade vor seinen Augen gefunden hat, und beschwingt von meinem produktiven Tagewerk, gehe ich nach Hause.
Am nächsten Tag kann ich den Stuhl abholen. „Das Holz könnte man aber mal ölen“, meckert der Tischler. Dann kommt ihm eine Idee: „Weißte was“, strahlt er mich an, „das machste selber!“ – „Was? Das Ölen?“, frage ich irritiert. Nun ist mein Verhältnis zum Handwerken kein Ungestörtes. In der Schule habe ich früher beim Scherenschnitt wie beim Modellbau gleichermaßen versagt. Das sage ich auch dem Tischler. Der lässt sich davon nicht beeindrucken. Auf dem Nachhauseweg bin ich um 50 Euro für eine nicht notwendige Stuhlreparatur ärmer und um die zweifelhafte Aussicht auf eine Stunde Werken reicher. „Geschieht dir recht“, denke ich wütend und investiere den Rest meiner überschüssigen Energie in das vollkommen ungefährliche und stupide Ausmisten von alten Aktenordnern.
ANNA KLÖPPER