BERNWARD JANZING ÜBER DIE NEUEN STADTWERKE : Lokal, klein und wirtschaftlich
Als Deutschland im April 1998 den Strommarkt liberalisierte, ging bei den Stadtwerken die große Angst um, dass sich auf dem hart umkämpften Markt nur noch große Unternehmen würden halten können.
Doch anderthalb Jahrzehnte später zeigt sich: Alles Unfug, alle Ängste waren umsonst. Im Gegenteil: Während heute die großen Stromkonzerne – verstärkt noch durch den Atomausstieg – massive Probleme haben (man blicke nur auf die Aktienkurse von Eon und RWE), stehen die kleinen Unternehmen häufig sehr gut da. Sie spülen den Kommunen oft schöne Beträge in die Stadtkassen. Zugleich aber sind die eigenen Versorger auch ein willkommenes Instrument, um umweltpolitische Ziele zu erreichen; entsprechend treten die kommunalen Unternehmen beim Thema erneuerbare Energien oft deutlich engagierter auf als die Konzerne. Klar, auch die Großen haben schon Bürgersolaranlagen realisiert, aber in der Praxis zeigt sich, dass regionale und lokale Unternehmen oft mehr auf die Beine stellen.
Und deswegen ist die Rekommunalisierung der Energieversorgung uneingeschränkt zu begrüßen. Zumal Ansprechpartner vor Ort immer von Vorteil sind – egal ob es um Fragen zur Stromabrechnung, den Anschluss einer Photovoltaikanlage oder das Legen eines Gasanschlusses geht.
Am Geld kann die neue Bürgernähe nicht wirklich scheitern – und so ist ja auch im armen Berlin das Thema längst auf der Tagesordnung. Denn der Vertrieb von Strom und Gas ist mit geringen Investitionen möglich. Der Kauf des Netzes ist zwar teuer, aber hier garantiert die Netzagentur die Renditen – man erhält also eine langfristige Ertragsgarantie. Kann oder will eine Stadt das Geld für die Erstinvestitionen nicht allein aufbringen, ist außerdem der Einstieg einer Bürgergenossenschaft eine gute Option – auch solche Modelle gibt es bereits.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8