BEI DER GLOBALEN BEKÄMPFUNG VON AIDS STELLT SICH DIE MACHTFRAGE: Das Wissen der Opfer nutzen
Macht und Einfluss sind bei der Aidsbekämpfung extrem ungleich verteilt. Am einen Ende stehen die milliardenschweren Pharmakonzerne, am anderen Ende liegen die Kranken und Sterbenden. Mittendrin versuchen internationale Zusammenschlüsse wie UN-Aids und die Weltgesundheitsorganisation, möglichst gleiche Standards weltweit durchzusetzen. Das aidskranke Kind in Sambia soll nicht gegenüber dem infizierten Jugendlichen in Kalifornien benachteiligt sein. Nur ein massiver Mitteltransfer, da sind sich alle einig, kann diese Utopie zumindest in Ansätzen verwirklichen.
Aber Geld allein versetzt Aidskranke in Afrika nicht in die Lage, zu überleben. Entscheidend ist der Zugang zu einem verlässlichen Gesundheitswesen, zu sauberem Wasser und auch ein stabiles soziales Umfeld, in dem familiäre Pfleger nicht gleich in Armut stürzen und Infizierte nicht gleich als Aussätzige behandelt werden. Welche Hilfe von außen dazu beitragen kann, wissen nur die Betroffenen selbst. Aber wie viel Gehör finden sie in den Diskussionen der UNO?
In der Aidsbekämpfung stellt sich die Frage, die ausländische Hilfe in Krisensituationen generell belastet, besonders dringend: Entscheiden die Helfer, was sinnvoll ist – oder die Bedürftigen? Überprüfen die Geber die korrekte Verwendung der Mittel und Umsetzung der Programme – oder die Empfänger?
Es steht zu befürchten, dass die Antworten zu Ungunsten der Betroffenen ausfallen, so wie es bereits bei anderen Projekten der Nothilfe und Krisenarbeit in armen Ländern gängig ist. Nur: Bei Aids wiegen die Folgen besonders schwer, weil die Alternativen fehlen. Man kann vor dem Virus nicht fliehen, man kann eine Infektion nicht mehr rückgängig machen. Friedenskonferenzen ersetzen keine Präventionsarbeit, demokratische Wahlen keine Krankentherapie. Wer helfen will, kann nur das Richtige oder eben das Falsche tun. Diese Unterscheidung zu treffen ist das Einzige, was noch in der Macht der Betroffenen liegt. Es liegt an den internationalen Organisationen, die Ohnmacht der Opfer nicht noch zu vergrößern. DOMINIC JOHNSON
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