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Archiv-Artikel

BEATE UHSE WILL CONDOMI: DER SEXMARKT BIETET NOCH GEHEIMNISSE Es kommt nicht auf die Größe an

Bei der Beate hätt’s das nicht gegeben. Da war das Unternehmen, das ihren Mädchennamen Uhse trug, ein stocksolider Handelskonzern, dessen Management so gar nichts von der branchenüblichen Schlüpfrigkeit hatte. Die Eigenmarke Beate Uhse klebte auf den beiden zentralen Vertriebskanälen, dem Versandkatalog und den Sex-Shops. Bei der für Einzelhändler immer heiklen Frage, ob man durch Eigenproduktion seine Marge erhöhen, damit aber die Lieferanten vor den Kopf stoßen soll, hatte sich Beate Rothermund geb. Uhse nur im Pornofilmsegment für die Eigenproduktion entschlossen. Eine astreine Unternehmensgeschichte, der denn auch beim Börsengang verdienter Beifall gezollt wurde.

Kaum ist die Gründerin unter der Erde, kaum entscheiden nur noch Männer über den Sexkonzern aus Flensburg, bricht dort der Größenwahn aus. Erst das 62-Millionen-Dollar-Gebot für den Penthouse-Verlag, jetzt auch noch das Interesse an der nach ihren Fehlinvestitionen völlig zu Recht tief in der Grütze gelandeten Hasardeure von Condomi – das ist, mit Verlaub, keine Wachstumsstrategie, sondern nur der alte pubertäre Wettstreit, wer denn nun den Größten habe.

Für den Börsenkurs der Beate Uhse AG mag das Engagement in neuen Sexmarktnischen kurzfristig positive Effekte bringen. Aber als Unternehmensstrategie sind solche Expansionsschritte mehr als gewagt. Es gibt zwar in der Wirtschaftsgeschichte viele Beispiele dafür, dass es einem Industrieunternehmen gelungen ist, sich auch als Händler zu etablieren – die ganze Autoindustrie zum Beispiel. Für den umgekehrten Fall jedoch, einen Handelskonzern, der sich auch als Hersteller profiliert, gibt es immer wieder Versuche, aber keine erfolgreichen. Natürlich mag es sein, dass die Sexindustrie nach anderen Regeln funktioniert. Dass die Sexkompetenz das eigentlich Entscheidende ist. Oder dass in diesem Gewerbe nichts so wichtig ist wie eine ordentlich sortierte Kundendatei. Und dass die Uhse AG deshalb „durch Diversifizierung ihr wichtigstes Asset besser ausnutzen“ könne. Wer würde schon zugeben, sich so gut in der Branche auszukennen, dass er dies bestätigen oder dementieren könnte? DETLEF GÜRTLER