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Archiv-Artikel

BARBARA DRIBBUSCH ÜBER DIE WARNSTREIKS IM ÖFFENTLICHEN DIENST Unvollständige Tarifrunde

Wer wissen will, wie kompliziert der Kampf um Gerechtigkeit im öffentlichen Dienst ist, der muss sich die aktuelle Tarifrunde der Länder anschauen. Angestellte LehrerInnen und ErzieherInnen warnstreikten am Montag in Berlin für 6,5 Prozent mehr Lohn. Im Aufruf der Lehrergewerkschaft GEW stand der Satz: „Außerdem fordern wir die Übertragung des Tarifergebnisses auf Beamtinnen und Beamte“. Das klingt nach Solidarität der Angestellten mit den Beamten, die ja nicht streiken dürfen. Der Gefühlslage in den Lehrerzimmern entspricht es nicht. Heutige Schulen sind kein Hort der Solidarität, sondern ein Mikrokosmos der Ungerechtigkeiten.

Die Risse klaffen zwischen den angestellten und den verbeamteten Pädagogen besonders in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Für diese Spaltung bietet die jetzt angelaufene Tarifrunde kaum eine Plattform, denn die Forderung nach tariflicher Eingruppierung der angestellten Lehrer in West und Ost berührt diese Kluft kaum. Beamte rücken leichter in höhere Verdienstgruppen auf, haben eine bessere Kranken- und Altersversorgung. In den Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sitzen 500.000 Beamte. Es ist eine schwierige Diskussion.

Wahrscheinlich führt aber doch kein Weg daran vorbei, die Debatten über unterschiedliche Nettobezüge und Alterseinkommen von Beamten und Angestellten – trotz gleicher Arbeit – offener zu führen. Dies muss mittelfristig in die Tarifrunden und deren Übertragbarkeit zumindest auf die höheren Besoldungsstufen der Beamten eingespeist werden. Wobei öffentlich würde, wie unterschiedlich Beamte in Bayern und Berlin bezahlt werden – auch dies eine Sauerei. Die Konflikte durch Solidaritätsbekundungen zuzudecken, das lässt diese Tarifrunde unvollständig erscheinen.

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