■ Avus-Rennen und Verfassung: Durchdrehende Motoren
Jetzt heulen sie auf, jetzt drehen sie durch, jene fast ausschließlich männlichen Exemplare der Menschheit, denen aufgrund einer seltsamen Mutation irgendwann in den letzten Jahrzehnten ein Motor im Hirn gewachsen ist. Diese Turbo-Denker können es nicht verkraften, daß die Mehrheit der Berliner Abgeordneten ausnahmsweise mal Restvernunft bewiesen und den Senat zum Verbot von Avus-Rennen aufgefordert hat. Ein überdimensionierter Hubraum oder falsch geschaltete Antriebswellen haben den CDU-Verkehrssenator Herwig Haase oder zumindest seinen Sprecher Tomas Spahn sogar um ein Haar in den Totalcrash mit der Verfassung getrieben. Seiner Stellungnahme ist zu entnehmen, daß der Verkehrsverwaltung vollkommen egal ist, was der oberste Souverän entscheidet.
Sie wissen, was sie tun. Sie fühlen sich als Exekutoren des freien Willens freier Bürger. Auch tote Rennfahrer halten sie davon nicht ab. Sie wissen ja jetzt schon, so wie der verkehrspolitische Sprecher der CDU, daß bei den letzten drei Unfällen auf der Avus „nicht die Rennstrecke, sondern Fahrfehler schuld waren“. Sie glauben sich dafür zuständig, jeden imaginierten oder tatsächlichen Angriff auf das Auto abzuwehren, und wissen sich des Beifalls einer militanten männlichen Minderheit sicher.
Wie angenehm niedertourig ist dagegen die SPD. Mit ihrem Ausscheren aus der Koalitionsräson hat sie nicht nur dem Beschluß der Bündnisgrünen zur Mehrheit verholfen und den Verlockungen des Populismus getrotzt. Aber wie lange? Ihr Fraktionschef Klaus Böger hat erneutes Durchstarten bereits angekündigt: Er will für den ADAC in Brandenburg eine Ersatzstrecke suchen. Ute Scheub
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