■ Autobahnvignette oder nicht, das Autofahren wird teurer: Das Falsche im Richtigen
Die Vignette für Autofahrer und -fahrerinnen kommt 1997 nicht, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Und dennoch zeigt der Vorstoß der beiden Auto-Ministerpräsidenten, Edmund Stoiber (CSU) und Erwin Teufel (CDU), die richtige Richtung an. Das süddeutsche Doppelpack signalisiert: Das Autofahren in diesem Land wird teurer, so oder so. Diese Botschaft wird von Unionspolitikern seit Monaten in immer neuen Variationen vorgetragen. Und sie ist an sich ökonomisch und ökologisch korrekt.
Ob die Vignette für Autobahnfahrten allerdings der richtige Schritt ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Sie würde unabhängig von den gefahrenen Autobahnkilometern erhoben, das macht sie ökologisch unsinnig. Denn eigentlich sollte, wer mehr Kilometer fährt, auch mehr zahlen. Die Vignette ist auch ökonomisch unsinnig – vor allem weil sie ein paar hundert Millionen Mark an Veraltungsaufwand nach sich zieht.
Die Mineralölsteuererhöhung, die sowohl Union als auch die Autoindustrie eigentlich allen anderen Schritten zur Verteuerung des Verkehrs vorziehen, ist weit effizienter und ökologischer. Aber mit diesem Vorstoß waren die süddeutschen Unionsfürsten ja erst im vergangenen Herbst wieder einmal an der FDP und am lauten Wehklagen von ADAC und Mineralölkonzernen gescheitert.
Noch widersinniger als die Vignette selbst ist allerdings der Versuch, die Absicht zur Verteuerung des Autofahrens zu verschleiern. Die Ausrede, daß man den Autofahrerinnen und -fahrern erst mit einer Vignette 100 Mark aus der Tasche zieht, um ihnen den Blauen irgendwann einmal über eine geringere Kfz- Steuer zurückzugeben, hat sich schon als unhaltbar entpuppt. Denn gerade dies hat die EU-Kommission den Österreichern verboten, die gestern die Vignette eingeführt haben.
Im übrigen macht es für die Steuereintreiber der benachbarten Alpenrepublik im Hinblick auf die Transittouristen natürlich Sinn, das Autofahren per Vignette und nicht mit der Mineralölsteuer teurer zu machen. Anders als im größer gewordenen Deutschland können die Millionen Touristen Östereich nämlich mit einer Tankfüllung durchqueren – in jede Richtung. So gesehen wäre eine Vignette hierzulande höchstens in einem zukünftigen Europa der Regionen eine zweite Prüfung wert – für den Freistaat Bayern zum Beispiel. Hermann-Josef Tenhagen
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