: Austritt statt Aussöhnung
■ Austrittswelle aus der evangelischen Kirche Thüringens wegen drohender Kirchensteuer
Berlin (dpa) - Eine Kirchenaustrittswelle hat die Evangelisch-Lutherische Kirche Thüringens zu verzeichnen. Nach Angaben in der thüringischen evangelischen Wochenzeitschrift 'Glaube und Heimat‘ hätten die Pfarrämter in Thüringen im April dreimal so viel Austrittserklärungen registriert wie im gleichen Monat 1989.
Als ein Grund wird die Entscheidung der thüringischen Landessynode genannt, das Kirchensteuersystem der Bundesrepublik zu übernehmen, mit direktem Steuerabzug vom Lohn. Auch andere evangelische Landessynoden in der DDR haben sich inzwischen nach längerer, kontroverser Diskussion für das Einzugsverfahren durch die staatlichen Steuerämter mit prozentualer Bemessung am Einkommen entschieden. Auch dort soll es nach kirchlichen Angaben zu verstärkten Austritten gekommen sein. Genaue Zahlen liegen bisher aber aus keiner Landeskirche vor.
In der thüringischen Kirchenzeitschrift heißt es dazu, die „Stunde der Wahrheit“ habe geschlagen, weil ein Viertel der thüringischen Kirchenmitglieder bisher „erklärte Zahlungsverweigerer“ waren, dazu seien noch „viele Säumige“ gekommen. Alle diese haben jetzt ihren Austritt erklärt, weil die Vorstellung, ab Juli dafür „gutes Westgeld“ geben zu müssen, „ziemlich abschreckend zu wirken“ scheine, heißt es in dem Blatt.
Das Kirchenblatt nennt die Gesamtzahl von rund fünf Millionen evangelischen Christen in der DDR, die allerdings bereits „hoch gegriffen“ sei.
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