piwik no script img

Australian OpenKai aus der Kiste kehrt zurück

Von Oberhaching nach Down Under: Die Trainingspartner Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer präsentieren sich bei den Australian Open so gut in Form wie selten zuvor

"Man darf sich nicht verstecken": Philipp Kohlschreiber will sich auch gegen Rafael Nadal strecken. Bild: ap

Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer sind Trainingspartner in Oberhaching. Seit vielen Jahren bringen sich die beiden deutschen Tennisprofis vor den Toren Münchens in Form vor einer Saison. So gut war ihnen das allerdings selten gelungen. In der Nacht zu Freitag werden sie in der dritten Runde der Australian Open spielen, Kohlschreiber gegen Rafael Nadal, Titelverteidiger und Nummer zwei der Welt, Mayer gegen Juan Martin del Potro, Nummer fünf und Sieger der US Open im vergangenen Jahr.

Mayer musste eine Weile nachdenken, bis ihm einfiel, wann er zuletzt so überzeugend gespielt hatte wie beim Sieg in der zweiten Runde gegen den an Nummer 27 gesetzten Viktor Troicki (4:6, 6:4, 7:6, 6:1). Wie in Trance habe er sich gefühlt, meinte er hinterher, am Ende des Spiels habe fast alles wie von selbst funktioniert. Da hatte er die Dinge mit unbewegter Miene derart souverän im Griff, dass der Serbe auf der anderen Seite die Nerven verlor und sich in einem einzigen, seinem letzten Aufschlagspiel gleich sechs Doppelfehler leistete.

In der dritten Runde eines Grand-Slam-Turniers stand Mayer seit 2007 nicht mehr, und ein derart gutes Gefühl für den Ball hatte er nicht mehr seit seinem großen Jahr 2004, in dem er in Wimbledon wie Kai aus der Kiste völlig überraschend im Viertelfinale gelandet war. Inzwischen ist ihm klar, dass der Aufstieg damals viel zu schnell ging, um ihn begreifen zu können. Nach einer Phase mit Verletzungen und einer Auszeit geht er nun bewusster, erwachsener mit den Herausforderungen seines Tennislebens um, wozu 2009 auch die Entscheidung gehörte, bei kleineren Turnieren durch die Provinz zu ziehen und fleißig Punkte für die Weltrangliste zu sammeln.

"Ich kann jetzt alles viel besser wahrnehmen", meinte er nach dem Sieg gegen den völlig bedienten Troicki, "ich hab das Gefühl, wieder angekommen zu sein." Nun wird er also auf einem der sogenannten Showcourts im Melbourne Park gegen Juan Martin del Potro spielen. Im vergangenen Jahr hatte Mayer an gleicher Stelle in drei Sätzen gegen den argentinischen US-Open-Sieger verloren, diesmal rechnet er sich mehr aus. Beim Sieg in fünf Sätzen gegen den Amerikaner James Blake (6:4, 6:7, 5:7, 6:3, 10:8) wirkte del Potro jedenfalls leicht angeschlagen und ließ sich mehrfach behandeln.

Eine noch größere Aufgabe wartet auf den Kollegen Kohlschreiber. Der Augsburger war zwar zufrieden mit sich nach dem Sieg gegen den Amerikaner Wayne Odesnik (6:4, 3:6, 6:3, 6:2), will aber nun versuchen, im fünften Versuch gegen Nadal endlich mehr als nur einen Satz zu gewinnen.

"Man darf sich nicht verstecken", sagt er, "man muss sich auf so ein Spiel freuen. Das ist ja auch eine Art Belohnung, gegen so einen tollen Spieler auf einem großen Platz zu spielen". Vor drei Jahren beim ersten Versuch an gleicher Stelle hatte er einen ganz ordentlichen Eindruck hinterlassen, aber dieser Eindruck lässt sich sicherlich noch einmal verbessern.

Natürlich sei er auch diesmal wieder klarer Außenseiter, sagt er, die Chancen auf einen Sieg seien nicht viel besser als 2007, vielleicht ein oder zwei Prozent. Immerhin: Zu blumigen Äußerungen wie bisweilen in der Vergangenheit ließ er sich diesmal nicht hinreißen, außer vielleicht zu dieser: "Ich bin nicht hier für eine Show, natürlich will ich gewinnen." Rafael Nadal wird es vernommen haben. Der käme aber auch niemals auf die Idee, einen Gegner zu unterschätzen, und dass Philipp Kohlschreiber an einem guten Tag zu den gefährlichsten Gegnern außerhalb der Top Ten gehört, das muss ihm keiner erklären.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!