Ausstellung abgesagt: Konflikt der Kulturen der Welt
Eine Jugendausstellung im Haus der Kulturen der Welt platzt kurz vor der Eröffnung - sie musste der "Hochglanzästhetik" der Berlinale weichen, so die Initiatoren.

Das Haus der Kulturen der Welt (HKW) ist ein Leuchtturm der Berliner Kulturszene. Internationale Künstler nutzen die ehemalige Kongresshalle seit vielen Jahren, um ihre Sicht auf die globalisierte Welt abzubilden. Die Perspektive von Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten Berlins scheint dem HKW eher peinlich zu sein. Zu diesem Schluss kommt das "Internationale JugendKunst- und Kulturhaus Schlesische 27". Den Aufbau der von der Kreuzberger Initiative initiierten Jugendausstellung "Sieben Felder" im Haus der Kulturen wurde am Donnerstag von der HKW-Intendanz gestoppt. Die "Schlesische 27" will nun andere Räume suchen.
"Sieben Felder" ist das Ergebnis einer ungewöhnlichen Feldforschung. Ethnologiestudenten der Humboldt-Universität hatten monatelang mit Sekundarschülern aus Kreuzberg, Wilmersdorf und Wedding gearbeitet. Die Idee: Nicht kulturelle Unterschiede, sondern Gemeinsamkeiten sollten die Jugendlichen aufspüren. Zu Themen wie "Lieben und Begehren" und "Glauben und Hoffen" sollten sie ihren Alltag künstlerisch interpretieren. Krönender Abschluss: die Ausstellung, die am Sonntag im HKW eröffnet werden sollte. Das war vertraglich vereinbart.
Jetzt gab es Probleme: Die HKW-Leitung habe immer neue Bedingungen für die Präsentation gestellt, sagt Barbara Meyer, Geschäftsführerin der "Schlesischen 27". Immer weniger Raum habe zur Verfügung gestanden, am Ende wäre die Ausstellung praktisch "unsichtbar" geworden. Begründet habe die Leitung das mit der Ästhetik der Schülerarbeiten, die nicht zu der zeitgleich stattfindenden Berlinale-Jugendsektion "Generation" passe. Stellwände aus Dachlatten und Plastik seien der Intendanz des HKW offenbar "neben der Hochglanzästhetik der Berlinale zu ramschelig" gewesen, so Meyer. Diese Ästhetik komme aber aus dem Projekt selbst. "Und hätten wir es gerade interessant gefunden, wenn sich die jeweiligen Besucher begegnet wären."
Das letzte Angebot des HKW, ein neuer Eröffnungstermin nach Ende der Berlinale, wollte die "Schlesische 27" nicht akzeptieren. Offenbar gehörten "die Jugendlichen, die diese Ausstellung gemacht haben, nicht ins Haus der Kulturen der Welt, es sei denn, es steht leer", klagt Meyer. Da suche man lieber eine räumliche Alternative.
In einer Stellungnahme per Mail teilte der Intendant des HKW, Bernd M. Scherer, mit, man "bedauere die Absage sehr". Initiativen wie "Sieben Felder" seien "immer willkommen", es sei "alles Mögliche" versucht worden, um die Ausstellung im Haus realisieren zu können. "Wir glaubten uns schon auf dem richtigen Weg, als wir einen neuen Eröffnungstermin zeitgleich mit einer großen Veranstaltung zu den Entwicklungen in Ägypten und Tunesien gefunden hatten", so Scherer.
Meyer hingegen moniert, Scherer habe sich nie mit den Machern von "Sieben Felder" an den Tisch gesetzt. "Er hat nur immer verlauten lassen, wie schön und wichtig unser Projekt sei".
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
BSW scheitert, Schwarz-Rot hat eine Mehrheit
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Bundestagswahl 2025
Mehr gewollt und links verloren