Außenminister will Beziehungen verbessern: Weißrussland flirtet mit der EU
Außenminister Martynow sagt, Minsk wolle die Beziehungen mit der EU verbessern. Ob das auch politische Reformen einschließt, ist offen.
BERLIN taz Weißrussland ist offenbar entschlossen, seine Beziehungen zur Europäischen Union zu verbessern. Das sagte Außenminister Sergej Martynow bei einem Vortrag auf einer Veranstaltung am Mittwochabend in Berlin. Eine engere Kooperation liege im Interesse beider Seiten, sagte der 55-Jährige und nannte den gemeinsamen Kampf gegen illegale Migration und organisierte Kriminalität sowie Weißrusslands wichtige Rolle als Transitland. Minsk habe sich in der jüngsten Gaskrise zwischen Russland und der Ukraine gegenüber dem Westen als verantwortlicher Partner erwiesen. Das bedeute aber nicht, so Martynow, die Beziehungen zu Russland zu vernachlässigen. "Wir wollen keine Wahl treffen", sagte er.
Keinen Zweifel ließ der Diplomat daran, dass es Minsk vor allem um eine ökonomische Integration mit der EU geht. "Unsere Wirtschaft muss für ausländische Investoren geöffnet werden", sagte er und kündigte ein Programm zur Liberalisierung an. 500 Betriebe sollen auf eine Privatisierung vorbereitet werden.
Bislang standen massive Demokratiedefizite einer Annäherung zwischen Brüssel und Minsk im Wege. Doch auch hier sieht sich der 10-Millionen-Einwohnerstaat auf Reformkurs. In dem Zusammenhang nannte Martynow Änderungen des Wahlgesetzes, die unter Hinzuziehung von OSZE-Experten erarbeitet würden. Unlängst sei ein Konsultationsrat von Nichtregierungsorganisationen bei der Präsidialadministration eingerichtet worden. Eine ähnliche Institution sei für Medien, auch oppositionelle, vorgesehen. "Diese Reformen werden Zeit brauchen", sagte Martynow. Eine Revolution nach dem Vorbild der Ukraine stehe für Weißrussland nicht zur Diskussion. Auf die Frage einer künftigen Mitgliedschaft in der EU und der Nato antwortete Martynow, diese Vorstellung sei kein Albtraum mehr, stünde aber nicht auf der Tagesordnung.
Erste Zeichen der Annäherung Weißrusslands an die EU hatte es im August 2008 gegeben, als mehrere politische Gefangene freigelassen wurden. Die bei den Parlamentswahlen im September anwesenden OSZE-Beobachter stellten zwar Verbesserungen fest, bemängelten aber erneut zahlreiche Unregelmäßigkeiten.
So bleibt trotz des weißrussischen Flirts mit den westlichen Nachbarn Skepsis weiter angebracht. Seit dem 26. Januar 2008 liegt den Behörden ein Antrag der Nichtregierungsorganisation Nascha Viasna vor. Die Organisation, die in den Bereichen Wahlbeobachtung und Monitoring über Menschenrechtsverletzungen aktiv ist, hatte ihre Registrierung 2003 verloren. "Ob wir wieder zugelassen werden oder nicht", so der Viasna-Vorsitzende Ales Bialiatski, "ist ein Indikator dafür, ob die Regierung wirklich bereit ist, ihre Politik gegenüber Nichtregierungsorganisationen zu ändern."
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