: Ausgezogen
Zappeliger White Funk und sägende Analogsynthies: „Numbers“ spielen furios scheppernden Neo-No Wave
Beinahe so gut wie eine tatsächliche New Yorker Herkunft, so schrieb es sinngemäß ein Onlinemagazin, sei es in diesen Tagen für eine Indie-Band, die Leute glauben zu lassen, man komme aus besagter Stadt, die angeblich niemals schläft. Dann nämlich komme man in den Genuss, zum dort mächtig ins Brummen geratenen New- oder auch No-Wave-Revival zwischen The Strokes-Aristokratismus und der wasweißichwievielten hippen Blues-Reanimation, Liars-Kunsthochschulkram und, nun ja, Electroclash gezählt zu werden. Was, allen positiven Nebeneffekten (Presse, Verkaufszahlen) zum Trotz, im Falle der Numbers wohl eine eher unfreiwillige Eingemeindung darstellen dürfte.
Soundmäßig indes ginge die Verwandtschaft wohl klar: Neben den erwähnten Liars stehen New Yorks Radio 4 Pate für den übersteuert dröhnenden, zappeligen White Funk von Indra Dunis (Gesang und Schlagzeug), Dave Broekema (Gitarre) und Eric Landmark (allerlei Synthesizergerätschaften). Angenehm wenig interessiert am Schulterpolster- und Haarspray-Glamour manch anderer 80er-Retro-Vertreter gibt sich das Trio aus Kaliforniens Bay Area (und eben nicht New York). Das Klangbild ist schroff, die Attitüde sperrig, Parolen und Gebrauchsanweisungspoesie werden durch den Megaphon-Wolf gedreht und das ganze auf allerkleinstem Format: Ihr erklärtermaßen vollständiges Album Life eint zehn hakend-kompakte Stücke in gerade mal 20 Minuten.
Erschienen ist Life bei Tigerbeat6, dem Label des kalifornischen Laptop-Punks Kid 606. In dessen Stall, zwischen Breakbeat-Rüpeln und digitalen Bastardrockern stellen Numbers als, nun ja, „richtige“ Band geradezu eine Ausnahme dar. Folgerichtig erscheint da aber, dass eine Remixplatte angekündigt ist, auf der die sarkastischen Postpunk-Kleinode von namhaften Cut-Up-Elektronikern zerstückelt und neu zusammengelötet werden sollen. Denn das Personal zu irgendeiner Nostalgieveranstaltung wollen Numbers ganz offensichtlich nicht abgeben.
„Wir wollen, dass die Leute Spaß haben“, sagt Gitarrist Broekema, und das heißt für ihn: Tanz, Schweiß und ausgezogene Hemden – auf wie vor der Bühne. Was in New York wahrscheinlich schon gegen Gesetze verstößt in diesen Tagen. Alexander Diehl
Sonntag, 21 Uhr, Molotow