: „Auschwitzlüge“ keine Volksverhetzung
■ Bundesgerichtshof hob Urteil gegen NPD-Vorsitzenden Deckert auf Deckert hatte sich mit der „Auschwitzlüge“ „vorbehaltlos identifiziert“
Karlsruhe (AFP) – Die Verbreitung der sogenannten „Auschwitzlüge“ reicht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) für eine Verurteilung wegen Volksverhetzung allein nicht aus. Dies entschied der BGH am Dienstag in Karlsruhe in einem Verfahren gegen den Vorsitzenden der rechtsradikalen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), Günter Deckert. Die Richter hoben ein Urteil des Landgerichts Mannheim wegen einer zu pauschalen Urteilsbegründung auf. Damit muß gegen den NPD-Vorsitzenden wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung neu verhandelt werden. Die Vorinstanz muß nun prüfen, ob Deckert mit seiner Behauptung, daß in Auschwitz keine Juden vergast worden seien, „die Menschenwürde des von der Tat betroffenen jüdischen Bevölkerungsteils in Deutschland“ angegriffen hat (AZ: 1 StR 179/93). Dabei sei auch von Bedeutung, ob er sich durch sein Verhalten mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifiziere. Weil das Landgericht es versäumt habe, die Nähe des NPD-Vorsitzenden zum nationalsozialistischen Gedankengut zu prüfen, reiche die Verbreitung der „Auschwitzlüge“ allein für die Verurteilung wegen Volksverhetzung nicht aus. Der Erste Strafsenat bestätigte gleichzeitig seine bisherige Rechtsprechung, wonach der in Gaskammern begangene Massenmord an Juden als geschichtliche Tatsache „offenkundig“ und eine Beweiserhebung darüber überflüssig ist. Dies hatte Deckert in seiner Revision gefordert und sich dabei auf ein angebliches Gutachten des amerikanischen „Hinrichtungsexperten“ Fred Leuchter berufen. Der NPD- Vorsitzende hatte sich nach Feststellungen des Landgerichtes mit Leuchters Behauptung, die „Auschwitzlüge“ sei eine Erfindung der Juden, „vorbehaltlos identifiziert“ und war deshalb verurteilt worden.
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