■ Aung San Suu Kyi verläßt den „Verfassungskonvent“: Ausstieg aus einer schlechten Farce
Im Juli bescherte die burmesische Militärjunta SLORC der Weltöffentlichkeit einen Überraschungscoup und entließ die prominente Oppositionspolitikerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi aus sechsjährigem Hausarrest. Danach begann ein großes Rätselraten, ob dies der Auftakt zu ernstgemeinten politischen Reformen gewesen sein könnte. Mit der jüngsten Zusammenkunft des Nationalkonvents ist jedoch klar geworden, daß den Militärs an einem Demokratisierungsprozeß in Burma nichts gelegen ist: im Gegenteil.
Der Konvent, der seit knapp drei Jahren im Zeitlupentempo eine hahnebüchene Verfassung ausarbeitet, ist eine weitgehend handverlesene Truppe von Militärs und SLORC-Anhängern, die dem politischen Status quo eine pseudo-legale Grundlage zu geben versucht. Ähnlich wie in Indonesien, dessen Verfassung Modell zu sein scheint, garantiert der Verfassungsentwurf der Armee nahezu uneingeschränkte Macht. Dies abzusegnen – das bedeutete im Klartext die Einladung an die rechtmäßig gewählte Regierungschefin und ihr demokratisches Parteienbündnis, an der Nationalversammlung teilzunehmen.
Suu Kyi hat statt dessen vor versammelter Mannschaft die Absurdität der ganzen Veranstaltung in einer Rede kritisiert, die Punkt für Punkt die Schwachstellen der Verfassung und ihrer undemokratischen Ausarbeitung offenlegte. Logische Konsequenz ist ihre Weigerung, in der schlecht inszenierten Farce mitzuspielen. Die Militärjunta reagierte auf Suu Kyis Boykott erwartungsgemäß wie ein beleidigter Regisseur, der sich nun mehr mit scheinbarem Recht von einer höchst unbequemen Hauptdarstellerin trennen kann. Auch wenn es für Suu Kyi keinen Ersatz gibt: Das Theater der verfassungsgebenden Versammlung soll ohne sie gnadenlos weitergespielt werden.
Zwar hatten Suu Kyi und ihre Partei unter den gegebenen Umständen kaum eine andere Wahl, als auszusteigen – alles andere wäre Selbstverrat gewesen. Dennoch haben die Ereignisse der letzten Tage schmerzhaft klar gemacht, daß der SLORC aus einer Position von uneingeschränkter Macht und Autorität operiert. Wie auch überall sonst fechten schlechte Kritiken die Generals-Regisseure nicht an.
Dorothee Wenner
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