piwik no script img

AufstiegEisern Union, eisern Alte Försterei

Der 1. FC Union hat es geschafft. Nach einem Sieg über Regensburg spielen die Köpenicker künftig in der zweiten Liga. Der eigentliche Star ist aber das Stadion, das am 8. Juli gegen Hertha eingeweiht wird.

Die ganze Wahrheit

1. FC Union: Glinker - Bemben, Stuff, Schulz, Parensen - Younga-Mouhani (78. Bönig) - Mattuschka, Dogan, Gebhardt (84. Kohlmann) - Biran, Sahin (65. Benyamina)

Jahn Regensburg: Sattelmeier - Jarosch, Romminger, Maul, Grassow (65. Brysch) - Zellner - Bambara, Kreis (71. Beigang), Schlauderer - Schmid, Würll (80. Pollmann)

Der Schiedsrichter: Tino Wenkel (Göttingen)

Die Zuschauer: 9.487

Die Tore: 1:0 Younga-Mouhani (60.), 2:0 Benyamina (72.)

Gelbe Karten: Dogan

Beste Spieler: Younga Mouhani, Stuff / Jarosch, Sattelmeier

Das Stadion: Die Alte Försterei wird nach der Sanierung am 8. Juli gegen Hertha eingeweiht

Nichts wie weg hier! Nur nicht zu lange feiern im verhassten Stadion, dem Jahnsportpark in Prenzlauer Berg. "Auswärtsaufsteiger", das stand auf den Jubel-T-Shirts, die sich die Spieler des 1. FC Union Berlin übergestreift haben, als feststand, dass der Klub im nächsten Jahr in der 2. Bundesliga spielen wird.

Vereinsführung, Mannschaft und Fans machten sich keine zwei Stunden nach dem Abpfiff in einem Autokorso auf den Weg nach Köpenick. Die große Party fand in der wahren Heimat des Klubs statt, an der Alten Försterei. 2.000 Unioner, nicht nur vor Freude trunken, jubelten heiser ihrem Team zu, das seinen Fans von einer Empore am Vip-Container des Stadions zuwinkte.

Das Stadion, es ist der einzige wahre Star des Klubs. "Alte, alte, alte Försterei!" Kein Spieler, auch nicht Aufsteigertrainer Uwe Neuhaus, wird derart inbrünstig besungen wie die Fußballarena im Südosten der Stadt. Kein einziges Mal konnte die Mannschaft in dieser Meistersaision in der Alten Försterei auflaufen. Das Aufmöbeln und die Überdachung der drei Stehplatztribünen dauerte länger als gewünscht.

Als wahres Wunder wurde der Aufstieg von den Fans deshalb empfunden. Union hat ohne echtes Heimspiel die dritte Liga dominiert. Weil sich in Fangesänge auch im freudigsten Moment immer auch ein wenig Hass mischt, dauerte es nach dem meisterschaftssichernden 2:0 über Jahn Regensburg nicht lange, bis 1.000 Kehlen "Scheiß Dynamo!" brüllten. Es war im Jahnsportpark, wo der von den Rot-Weißen so verabscheute Lokalrivale einst DDR-Meisterschaften in Serie feierte. Nun spielt der BFC Dynamo in der Oberliga, weit hinter Union. Und dennoch: "Scheiß Dynamo!"

Genau fünf Jahre ist es her, da stiegen die Köpenicker nach einem 0:1 in Ahlen aus der zweiten Bundesliga ab. In der Folgesaison konnten sie die Regionalliga nicht halten und fanden sich in der Oberliga wieder. Viele sahen den Klub, der in der Nachwendezeit so schlecht geführt wurde, dass er dauerhaft an der Pleite entlangschrammte, vor dem endgültigen Ende. Jede Menge Spendengeld der Fans, solides Wirtschaften und gute Verhandlungen mit Filmrechtehändler Michael Kölmel, einem Investor von einst, dem Union immer noch mehr als 10 Millionen Euro schuldet, brachten den Klub auf Kurs.

Verantwortlich dafür ist Dirk Zingler, der Klubpräsident. Während die Spieler sich und den Trainer mit Bier und Champagner duschten, stand er im Stadiondurchgang, lehnte sich an die Betonwand und süffelte an einer Flasche Pils. "Wir haben nicht den höchsten Etat aller Drittligisten und dennoch haben wir die Saison dominiert." Der 44-Jährige, der Union seit dem Zweitligaabstieg anführt, platzte beinahe vor Stolz.

Solide wirtschaften will er auch in der zweiten Liga. 19 Spieler der Meistermannschaf haben einen Vertrag für die nächste Spielzeit. Vier, fünf Verstärkungen wollen die Unioner verpflichten. Trainer Neuhaus kennt aus Essener Zeiten die zweite Liga und nennt sie "körperlich brutal". Wer ein paar Drittligakicks von Union angeschaut hat, konnte spüren, dass die Mannschaft, so wie sie derzeit aufgestellt ist, wohl nicht mithalten kann. Schon werden erste Spielernamen durch die Boulevardpresse gejagt. Richtig große Nummern werden wohl nicht dabei sein. Auch wenn die Einnahmen aus der TV-Vermarktung in der nächsten Saison durchaus Geld (zwischen 3 und 4 Millionen) in die Kassen spülen werden - Union wird so schnell kein wohlhabender Klub werden.

Knapp 10.000 Zuschauer waren am Sonnabend im Jahnsportpark. Die Massen kann Union in der Hauptstadt noch lange nicht bewegen. Die Eisernen werden fürs Erste ein Klub der Eingefleischten bleiben. Die können sich und ihrem Team bald wieder in gewohnter Umgebung huldigen. Am 8. Juli wird die Alte Försterei erstmals wieder bespielt.

Zum Eröffnungsspiel wurde Hertha BSC eingeladen. Der Drittligameister gegen den deutschen Meister? Einer der beliebtesten Gesänge auf der Unionfeier war: "Siehst du Hertha, so wird das gemacht!"

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!