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Auflegen, nachlegen, nicht aufregen: „So also funktioniert die Jugend“

Als viele sie zu lieben begannen, meinten manch andere, sie fortan schon deshalb hassen zu müssen: Im letzten Jahr gelang der heute 28jährigen Techno-Musikerin Marusha der große Durchbruch. Ihre Techno-Version von „Somewhere Over The Rainbow“ bedeutete mit weit über einer halben Million verkaufter Exemplare (und mit dem Vordringen bis auf Platz 3 der deutschen Single-Charts) nicht nur den rasanten Durchbruch der in Berlin beheimateten Plattenauflegerin, er war gleichzeitig auch Speerspitze für den kommerziellen Siegeszug von Techno in Deutschland.

Marusha mutierte in Windeseile zur Galionsfigur dieser Bewegung („The Queen of Techno House“), mußte bei Gottschalk, Biolek und all den anderen als etwas desorientiertes Aushängeschild der „Techno-Bewegung“ fungieren, neben sich selbst schnell noch eine ganze Generation rechtfertigen – und etwas widerwillig den älteren Herrschaften ausdeuten, was es mit dem Techno so auf sich hat.

Teile der „Szene“ nahmen ihr das zutiefst übel. „Ausverkauf!“ riefen sie, während von der „Gegenseite“ pauschale „So also funktioniert die Jugend“-Skizzen erstellt wurden. Techno wurde dadurch zwar nicht wirklich erklärbar, die Masse der Meinungsbildner hielt das jedoch keineswegs davon ab, ordentlich an der Oberfläche zu schaben. Und das – ein schönes Bild – hinterließ Narben.

Wen kümmert's? Marusha kaum. Nach dem Erfolg ihres Debütalbums „Raveland“ und weiteren Single-Hits sagte sie tschüs zu den Zöpfen, bereiste immer weiter die Welt, und alle kamen, um sie zu sehen. Neben diversen Großveranstaltungen blieb ihr jedoch immer noch Zeit, multimedial tätig zu sein: eine eigene Radiosendung, in der sie „unbekannten, nachwachsenden DJs ein Medium bieten“ möchte, und ihre Fernsehshow „Feuerreiter“ machen sie zur jetsettenden, niemals ruhenden Frau. Wann sie Zeit gefunden hat, an einer neuen Platte zu arbeiten, ist unklar, jedoch ist die nun fertig und heißt „Wir“. Dieser Titel soll „Ausdruck für den Zusammenhalt der Szene“ sein. Die Szene dankt, Marusha legt auf. Foto oben: Motor Music

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