Auch Schweine und Puten betroffen: Noch mehr Dioxintiere
Niedersachsen sperrt wegen des Umweltgiftes in Futtermitteln vorsorglich 1.000 landwirtschaftliche Betriebe. Eine mögliche Spur führt nach Holland.
Der Skandal um dioxinverseuchte Eier weitet sich aus: Betroffen sind nicht nur Legehennen-Farmen, sondern auch Schweine- und Putenzüchter. Sie dürfen weder Fleisch noch Eier in den Handel bringen. Nun werden 1.000 Höfe allein in Niedersachsen gesperrt, dazu kommen weitere Betriebe in anderen Bundesländern.
Die Ursachen für den Skandal liegen möglicherweise in Holland. Eine holländische Firma soll Maschinenteile nach Deutschland geliefert haben, die in einer Anlage zur Produktion von Tierfutter verbaut wurden. Das sagte eine Sprecherin der niederländischen Behörde für Lebensmittelsicherheit der taz. Die Teile könnten der Grund für die zu hohe Dioxinbelastung von Tierfutter und Eiern sein.
Bis Montagabend war noch nicht klar, ob die Eier auch an Konsumenten verkauft worden sind. Neben Hühnerzüchtern in Nordrhein-Westfalen sollen nun auch mehrere Futtermittelhersteller in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Hamburg und eine Firma in Schleswig-Holstein betroffen sein.
Möglicherweise sind weitere Bundesländer betroffen, da momentan die Vertriebswege noch überprüft werden. "Es ist durchaus möglich, dass das Futter auch nach Baden-Württemberg gelangt ist, wie auch in andere Bundesländer", sagte eine Sprecherin des dortigen Verbraucherschutzministeriums der taz.
Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft im schleswig-holsteinischen Itzehoe Vorermittlungen aufgenommen. Es geht um einen Verstoß gegen das Lebensmittelrecht, eine mögliche Straftat, auf die immerhin ein bis drei Jahre Haft steht. Sprecher Ralph Döpper machte keine Angaben dazu, ob sich die Vorermittlungen gegen die Firma Harles & Jentzsch richten, bei der dioxinbelastetes Futter gefunden wurde.
Der Geschäftsführer des Unternehmens, Siegfried Sievert, schob die Schuld auf einen holländischen Händler, der belastete Fettsäure an seine Firma geliefert haben soll. Sie stamme aus einer Biodiesel-Anlage der Petrotec AG im niedersächsischen Emden, in der Mischfettsäuren aus Palm-, Soja- und Rapsöl produziert werden – grundsätzlich verwendbar sowohl in Tierfutter als auch als Treibstoff im Tank. Eine Bestätigung der Behörden gab es gestern nicht. Unklar ist, ob Petrotec die von der niederländischen Lebensmittelaufsicht erwähnten Maschinenteile verbaut hat.
Der Umweltschutzverband BUND sieht hinter der Dioxinbelastung ein grundsätzliches Problem: "Mit der Industrialisierung der Tierhaltung ist die Gefahr, dass belastetes Tierfutter gleich an mehrere Betriebe geliefert wird, erheblich gestiegen", sagte Agrarexpertin Reinhild Benning der taz. Erst unter der schwarz-gelben Bundesregierung sei das Baurecht geändert worden, kritisiert sie: Mussten früher Legenhennenbetriebe zumindest 50 Prozent ihres Futters selbst erzeugen, um eine Baugenehmigung zu erhalten, würden heute ohne eigene Futterflächen Hühner gezüchtet. Würden sich landwirtschaftliche Betriebe weitgehend selbst versorgen, wären Dioxinbelastungen nur lokale Probleme.
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