Auch Geheimtipps :
Gespräch mit dem Geschäftsführer des forums anders reisen, Rolf Pfeifer
taz: Was ist das forum anders reisen?
Rolf Pfeifer: Es ist ein Unternehmensverband von derzeit 130 Mitgliedern, davon sind 95 Prozent Reiseveranstalter, die sich dem nachhaltigen Tourismus verschrieben haben.
Was ist die Aufgabe des Verbandes?
Der Verband unterstützt die Mitglieder durch Rahmenabkommen und Rechtsberatung. Gleichzeitig begleiten wir das Thema nachhaltiger Tourismus fachlich und wissenschaftlich weiter: Wir entwickeln den Kriterienkatalog für unsere Mitglieder. Der andere wesentliche Punkt ist Vermarktung der Produkte auf unserem Internetportal und jetzt mit unserem neuen Gemeinschaftskatalog Reiseperlen. In Zukunft wollen wir versuchen, auch in die Reisebüros zu kommen.
Welche Aufnahmekriterien müssen Ihre Mitglieder erfüllen?
Ein Hauptaspekt betrifft das Fliegen. Wir sehen das Fliegen als größtes ökologisches Problem im Tourismus. Wir haben deshalb das Kriterium aufgestellt, dass die Flugreise abhängig von der Reisedauer sein muss. Unsere Mitglieder veranstalten beispielsweise keine Flugreisen, die in ein Zielgebiet gehen, das weniger als 700 Kilometer vom Ausgangsort entfernt liegt. Von hier nach London oder Paris fahren die Leute mit dem Bus. Über 700 bis 2.000 Kilometer muss die Reise mindestens eine Woche, über 2.000 Kilometer mindestens zwei Wochen betragen. Das heißt: keine Kurztrips in Fernreisedestinationen.
Nachhaltigkeit ist also Ihr Verkaufsargument?
Im Katalog werden Sie zwar die Schlagworte „nachhaltiger und ökologischer Tourismus“ finden, aber Sie werden auch feststellen, dass dies nicht unser Hauptargument ist. Unser Hauptargument ist die Andersartigkeit, die Besonderheit. Und wir haben eine überdurchschnittliche Qualität bei unseren Angeboten. Wir haben Geheimtipps. Unsere Mitglieder schielen nicht nur auf den wirtschaftlichen Erfolg. Sie haben meistens auch eine persönliche Beziehung zu dem Land, das sie anbieten.
Arbeiten Sie mit viabono, der Dachmarke für nachhaltige Angebote in Deutschland, zusammen?
Nein, nicht direkt. Das liegt auch daran, dass unsere Angebote zu 95 Prozent außerhalb Deutschlands liegen.
Zusammen mit atmosfair haben Sie deshalb eine Aktion gestartet: Wer beispielsweise nach Neuseeland fliegt, zahlt eine freiwillige Abgabe an nachhaltige Projekte für die von ihm verursachten Klimagase. Wie funktioniert das?
Sie werden im Katalog darauf hingewiesen, was der Beitrag an atmosfair kosten würde. Sie bekommen dann vom Veranstalter zusammen mit der Buchung eine Broschüre von atmosfair zum Problem Flug und Ökologie. Es wird auch mitgeteilt, wie hoch der Kostenbeitrag wäre: zum Beispiel New York 65 Euro, Neuseeland 200 Euro. Wir überlassen es dann dem Reisenden, ob er die Summe zahlen will oder nicht.
Wie sind Ihre Erfahrungen?
Wir stellen fest, dass es sehr schwierig ist, Kunden dazu zu bringen,weil es ein neues Produkt ist und weil das Bild des Ablasshandels in den Köpfen sitzt. Atmosfair arbeitet aber über das Internet relativ erfolgreich. Die Organisation hat seit ihrer Gründung im Juni 2004 1,8 Millionen Euro hereinbekommen.
Wie finanziert sich Ihr Verband?
Durch Mitgliedsbeiträge. Unser Katalog wurde zu 30 Prozent über Fördermittel vom Bundesumweltministerium gedeckt. Auch das Internetportal hat das BMU unterstützt.
INTERVIEW: EDITH KRESTA
„Reiseperlen“ heißt der Katalog des forums anders reisen. 70 Veranstalter präsentieren darin über 160 Reiseziele. Erhältlich bei allen 130 fair-Mitgliedern und beim forum anders reisen e. V.: www.forumandersreisen.de, Postfach 50 02 06, 79028 Freiburg, Fon (07 61) 13 77 68 88, Fax (07 61) 13 77 68 89. Erstmals wird der Katalog auch über ausgewählte Reisebüros vertrieben. Zur Umweltabgabe: www.atmosfair; info@atmosfair.de