piwik no script img

Atommüllendlager AsseEinsturzgefahr droht ab 2014

Der Betreiber des Versuchsendlagers Asse legt alarmierendes Gutachten vor: Das Bergwerk, in dem 126.000 Fässer Atommüll lagern, verliert an Tragfähigkeit.

Anfang November protestierten Umweltorganisationen gegen das Endlager Asse. Bild: dpa

HANNOVER taz Der Streit um die Zukunft des Atommüllendlagers Asse bei Wolfenbüttel spitzt sich zu. Das GSF-Forschungszentrum, der Betreiber des ehemaligen Salzbergwerks in Niedersachsen, hat jetzt ein alarmierendes Gutachten zur Sicherheit der Grube veröffentlicht. Bereits im Jahr 2014 droht nach der Expertise des Instituts für Gebirgsmechanik der Universität Leipzig ein "zunehmender Tragfähigkeitsverlust" des Bergwerks. In das Lager wurden bis 1978 "versuchsweise" rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelaktivem Atommüll eingelagert.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte am Donnerstag vor der Gefahr, dass sich Zuflüsse von Salzlauge in das Bergwerk verstärken und nicht mehr kontrolliert werden können. Die langjährigen Gegner des Endlagers stehen den plötzlichen Alarmmeldungen allerdings skeptisch gegenüber. Schließlich hatte die GSF, die jetzt das Bergwerk schließen will, jahrzehntelang die Sicherheit des Endlagers beteuert.

Die von der GSF beauftragten Leipziger Wissenschaftler empfehlen, das wacklige Endlager möglichst bald mit gesättigter Magnesiumchloridlauge zu füllen. "Das Tragsystem befindet sich im Grenzzustand, es besteht die Gefahr, dass diese Prozesse sich beschleunigen", sagt Wolfgang Minkley vom Institut für Gebirgsmechanik. Darum müsse man mit der Einleitung der Magnesiumchloridlauge, "des Schutzfluids", schnell beginnen.

Gerade die Flutung des Bergwerks mit Lauge lehnen alle Anti-Atom-Gruppen der Region jedoch entschieden ab. Die Flutung des Bergwerks führt dazu, dass sich der radioaktive Inhalt der eingelagerten Atommüllbehälter später in der Lauge verteilt und mit ihr nach außen ins Grundwasser gepresst wird, wenn sich die Hohlräume der Grube durch den Gebirgsdruck nach und nach schließen.

Auf einer öffentlichen Veranstaltung in Schöppenstedt, auf der die GSF am Mittwochabend ihr Gutachten vor 350 Anwohnern vorstellte, wurden denn auch Alternativen zur Flutung des Atommülllager verlangt. Peter Jordan, Chef der auf Tunnel- und Schachtbau spezialisierten CDM Consult aus Bochum, schlug vor, durch Stabilisierungsmaßnahmen der einsturzgefährdeten Bereiche der Grube Zeit zu gewinnen. Seiner Auffassung nach kann man die Grube durch Injektionen stützender Materialien noch ein Jahrzehnt sichern. Das Bundesumweltministerium, das Bundesforschungsministeriums, dem die GSF untersteht, und das Land Niedersachsen haben nun vereinbart, bis Mitte nächsten Jahres noch einmal Alternativen zur Flutung des Bergwerks zu prüfen. Auch soll geklärt werden, ob der Atommüll aus dem Endlager wieder herausgeholt werden kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • A
    Antonietta

    An 12 Standorten produzieren in Deutschland noch immer Atomkraftwerke radioaktiven Müll, ohne dass dessen sichere Endlagerung für Jahrtausende geklärt wäre. Abgesehen davon kann es jederzeit in einem der 17 Reaktoren zu einem Störfall kommen, der ganze Landstriche unbewohnbar macht. Die einzig sichere Alternative: Abschalten!