Atommüll in Niedersachsen kostet 12 Milliarden: Niemand will für teuren Dreck blechen
Niedersachsens SPD legt Zahlen vor, aus denen hervorgeht, wie teuer die angebliche Entsorgung von Atommüll tatsächlich ist: zwölf Milliarden.
HANNOVER taz | „Die Kosten für die Behandlung und Beseitigung von Altlasten der Atomindustrie müssen aus dem Haushalt des Bundesforschungsministerium heraus“, fordert die Umweltsprecherin der niedersächsischen SPD-Landtagsfraktion, Petra Emmerich-Kopatsch.
Dort, im Referat 713, werde das, was man gemeinhin Subventionen nennt, unter "Stilllegungsprojekte" abgebucht, respektive als "Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zum Förderkonzept Stilllegung/Rückbau kerntechnischer Anlagen" deklariert, berichtet die SPD-Politikerin. Hinter diesem Wortungetüm verberge sich, mit welchen Summen Vater Staat "die Pannen und Desaster der Atomindustrie finanziert". Emmerich-Kopatsch spricht von "Wettbewerbsverzerrung" und "ungerechtfertigten Geldgeschenken".
Zugleich hat sie errechnet, welche Kosten seit den 1990er-Jahren aufgelaufen sind. Ergebnis: 12,148 Milliarden Euro.
Allein der Hochtemperatur-Reaktor in Hamm-Uentrop, der nur 423 Tage mit voller Leistung am Netz war, hinterließ fast 6.000 Kubikmeter Atommüll, ein verseuchtes Gebäude und rund eine Milliarde Euro an Kosten. Dafür geradestehen werden nicht allein die Bauherrn oder die Betreiber. Auch der Steuerzahler blecht. Und das nicht zu knapp. Unter anderem jene 94,5 Millionen Euro, die Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) zur "geordneten Restabwicklung" bereitgestellt hat.
Die Stilllegung und der Rückbau der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe (WAK) kosten das Forschungsministerium 2,631 Milliarden Euro. Die Stromkonzerne zahlen 1,4 Milliarden. Ein eklatantes Missverhältnis, diente die WAK doch ausschließlich zur Bearbeitung abgebrannter Brennelemente aus hochprofitablen Atomkraftwerken.
Die Liste kann beliebig fortgeführt werden. Hier schaufelt Schavan 1,8 Milliarden an die TU München zum "Experimentieren im Forschungsreaktor", da 931.686 Euro auf das Konto der Leibniz-Universität Hannover für die Konstruktion "langzeitstabiler Gebinde zur sicheren Lagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen".
Gehe man zurück bis in die 1950er-Jahre, sagt Emmerich-Kopatsch, summieren sich "direkte und indirekte Zuwendungen an die Atomindustrie auf 160 Milliarden Euro". Das würde reichen, "um 34 Jahre lang alle Kitas und Schulen Niedersachsens zu finanzieren".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt