Asylverfahren machen nicht reich

■ Interview mit Rechtsanwalt Claus Rosenkranz über die Vorwürfe gegen »Asyl-Anwälte«

Während der Innenministerkonferenz in der vergangenen Woche gerieten nicht nur sogenannte Schlepperorganisationen, sondern auch Anwälte von Asylbewerbern ins Zwielicht. Angeblich würden in Berlin Millionen mit Asylanträgen verdient. Manche Kanzleien stellten bis zu 30.000 Asylanträge im Jahr.

taz: Herr Rosenkranz, was sagen Sie zu den Vorwürfen?

Rosenkranz: Erst werden die Flüchtlinge selbst ins Visier genommen und jetzt die Anwälte. Vielleicht sind demnächst noch die Beratungsstellen und die Pfarrer dran.

Das Geld wird angeblich mit den Asylanträgen verdient. Brauchen Asylbewerber dafür überhaupt einen Anwalt?

Nein. Ein Asylantrag kann auch mit Hilfe einer Beratungsstelle vom Flüchtling selbst formuliert werden. Ein Anwalt wird erst dann benötigt, wenn etwa eine Familie mit mehreren kleinen Kindern den Ausgang des Asylverfahrens in Sachsen abwarten soll, was ja bei der derzeitigen Lage sehr fragwürdig ist. Da würde ich als Anwalt Widerspruch erheben und möglicherweise vor das Verwaltungsgericht gehen. Doch auch ein Anwalt, der einen Asylantrag stellt, wird sehr bald mit dem Sozialamt und der Ausländerbehörde in Sachen zu tun haben, die nicht nur das Asylbegehren betreffen.

Wo liegen Ihre Schwerpunkte?

Wir arbeiten sehr eng mit den Beratungsstellen zusammen und übernehmen die Arbeit, die dort nicht ohne qualifizierte juristische Hilfe geleistet werden kann. Wir greifen in die Verteilungsverfahren ein, wenn eine Familie getrennt werden soll oder Asylbewerber sich an Orte begeben sollen, wo der Ausländerhaß Wellen geschlagen hat. Außerdem machen Anwälte bei Ablehnung eines Asylantrags unter Umständen geltend, daß dem Betreffenden in seinem Herkunftsland eine Gefahr für Leib und Leben droht.

Wie ist Ihre Erfahrung mit Ihren Kollegen? Gibt es welche, die mit Asylverfahren reich werden?

Mir sind derartige Fälle nicht bekannt. Die in der Presse zitierten Fälle stammen aus den 70er Jahren. Mit der Darstellung wird das Bild der in den Asylverfahren auftretenden Anwälte völlig verzeichnet. Es gibt sogar viel zuwenig Anwälte, die qualifizierte juristische Beratung machen. Wir würden uns von vielen etablierten Büros wünschen, daß sie sich um das Asylrecht kümmern. Aber sie machen es gerade deshalb nicht, weil es nicht lukrativ ist.

Wie können schwarze Schafe unter den Anwälten gestoppt werden?

Die Ausländerbehörde registriert die eingehenden Asylanträge. Wenn bei einem Anwalt in der Mehrzahl der Fälle etwas nicht stimmen sollte, könnte die Behörde die Anwaltskammer einschalten. Ein Anwalt hat bestimmte Regeln des Standesrechts zu befolgen, die weitaus mehr greifen als das Strafrecht.

Wie erklären Sie sich die derzeitige Diskussion?

Ich begreife das als weiteren Angriff gegen das Asylrecht, nun nicht direkt gegen die Flüchtlinge, sondern gegen ihre Unterstützer. In jedem Berufsstand gibt es bestimmte Mitglieder, die unkorrekt vorgehen, aber daß dieses Verhalten für Anwälte typisch wäre, ist schlichtweg falsch. Interview: Jeannette Goddar