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Asylknast am Berliner GroßflughafenAbschieben statt abfliegen

Der neue Flughafen ist längst nicht fertig, sein Asylgewahrsam nun schon. Brandenburgs Innenminister führt durch die Räume - mit Unbehagen.

Hier klingelt niemand freiwillig: Tür zum Abschiebegewahrsam am Flughafen Bild: dapd

BERLIN taz | Man solle sich doch nur den Zaun anschauen, sagt Stephan Bock. „Kein Stacheldraht, keine Detektoren.“ Als Gefängnis könne man das hier also nicht bezeichnen. Die Kameras, die sich auf den Zaun richten, lässt der Leiter der Brandenburger Ausländerbehörde erstmal unerwähnt. Ebenso die Wachmänner, die hier Dienst schieben werden.

Dann geht Bock in die weiße Neubaubaracke, die ab heute Asylgewahrsam ist. Neben ihm läuft Dietmar Woidke, Brandenburgs SPD-Innenminister, hinterher eine Traube Journalisten und Flüchtlingsvertreter. Bock führt durch weiß gemalerte Zimmer, darin zwei bis vier Betten, die Matratzen noch in Folien gehüllt, helle Holzschränke, graue Abfalleimer. Alles noch steril.

Bis auf je ein Bild an der Wand, daruf Orchideen oder Mittelmeerlandschaften. Ein Gefängnis, sagt auch Woidke, sehe anders aus. Trotzdem: „Wir wollen das ja eigentlich gar nicht haben.“

Es ist ein skurriler Termin an diesem Mittwoch, am Westrand des neuen Flughafens Berlin Brandenburg (BER), der noch keiner ist. Denn während nebenan noch gebaut wird, Eröffnung völlig unklar, ist hier neben dem Radartower nur der Aslygewahrsam fertig. Ausgerechnet.

Den, betont Woidke, müsse man vom Bundesrecht her eröffnen. Das Land selbst hat im Juli eine Bundesratsinitiative eingereicht, um das Flughafenverfahren abzuschaffen. Darin wird innerhalb von maximal 19 Tagen über die Einreise von Flüchtlingen befunden, die aus einem „sicheren Herkunftsland“ einreisen und kaum Aussicht auf Asyl haben. Jeder Flüchtling, hält Woidke dagegen, habe ein Anrecht auf ein ordentliches Verfahren. Das gibt Spontanapplaus der Flüchtlingsvertreter.

12.000 Euro Miete

Und, so der Minister, es mache ja auch finanziell keinen Sinn. 12.000 Euro Miete kostet die Unterkunft das Land im Monat. Aber nur fünf Flüchtlinge landeten dieses Jahr bisher im alten Schönefelder Flughafengewahrsam, elf waren es 2011. In Tegel wird ganz auf das Verfahren verzichtet – wie fast überall in der Republik.

Mit den höheren Passagierzahlen am BER rechnet Brandenburg nun aber mit rund 300 Fällen jährlich, 28 Plätze hält der Gewahrsam bereit. Stephan Bock von der Ausländerbehörde führt in den Gebetsraum. Gut zehn Quadratmeter, nur acht Stühle, ein Tisch, leere Wände. „Wir können ja überall beten“, spottet Bernhard Fricke, evangelischer Seelsorger. „Aber Teppich wäre schön.“ Dann wird Fricke ernst. Kalt und abweisend wirke das Haus, „wie das ganze Verfahren.“

Seit Monaten kämpfen Kirchen, Flüchtlings- und Wohlfahrtsverbände gegen den Asylknast. In der Nacht vor der Führung warfen Unbekannte einen roten Farbbeutel auf die Baracke. Die Kürze des Flughafenverfahrens lasse kaum Rechtsschutz zu und führe zu Fehlentscheidungen, kritisiert etwa Martina Mauer vom Berliner Flüchtlingsrat, die am Rundgang teilnimmt. Überzeugen lässt sie sich nicht. "Auch mit Spielplatz bleibt es ein Knast."

In Berlin votierte erst am Dienstag der SPD-Fraktionsvorstand für eine Abschaffung des Schnellverfahrens. Allein: Die CDU ist dafür. Innensenator Frank Henkel (CDU) verteidigt das Prozedere als „für alle Beteiligten gerecht“. Die Jusos fordern dagegen, aus dem Knast ein Jugendbegegnungsstätte zu machen. Minister Woidke lächelt über den Vorschlag seiner Parteijugend. Sollte das Gebäude nicht mehr nötig sein, liege die Entscheidung, was damit passiert, beim Flughafen, sagt Woidke. Ein Begegnungzentrum? "Wohl eher Büros."

Dann guckt der Minister noch ins Freizeitzimmer. In der Ecke läuft ein PC. „Internetfähig!“, lobt Bock. Auf dem Tisch daneben liegt ein Brettspiel für die künftigen Bewohner, ein deutsches. „Mensch ärgere dich nicht“.

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9 Kommentare

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  • MM
    Mensch Mayer

    12000 Euro im Monat - hätte man wohl sinnvoller einsetzen können...

  • MB
    @marion Böker

    "Kommentare faschistischer Hetzer"

     

    Gääääääääääähhhn.

     

    Dass die Vorgehensweise den Menschenrechtsabkommen widerspricht, ist natürlich Käse. Aber das dürften Sie selbst wissen.

  • MB
    Marion Böker

    Das sich hier die wirren und realitätsfernen wie wenig menschlichen Kommentare faschistischer Hetze finden werden war ja klar. Merkwürdig, diese unter taz-Lesenden zu finden.

    Nicht lange hist es her, dass Deutsche darauf angewiesen waren Zuflucht als Verfolgte in anderen europäischen wie Überseestaaten zu erhalten. Daran denkend und ihre Erfahrungen - die durchaus auch solch restriktiven Maßnahmen begegneten- sollten wir in Dankbarkeit und der ursprünglichen Lehre daraus, heute selbst Menschen ein würdiges Asyl zu gewähren und sie zügig mit einem alle ihre Menschenrechte garantierende integrierten Leben hier beginnen zu lassen. Gerade solche Menschen haben oft Unfassbares erlebt: wir sollten ihnen hier verständnisvoll entgegen kommen. Sie sollten hier heilen und wieder in Würde leben können.

    Deshalb sind solche Relikte der Repression wie Abschiebeknäste und die ganzen Prozeduren auch nur Ausdruck unserer eigenen Unfähigkeiten, und unwürdig einer Demokratie, sogar widerrechtlich, das wir Menschenrechtsabkommen unterzeichnet haben, die dieses verbieten.

  • A
    Argumente

    Asylbewerber können ganz unterschiedliche Motive haben. Die einen suchen Schutz vot Verfolgung, andere haben wirtschaftliche Gründe etc. Der Sinn des Flughafenverfahrens besteht darin, diejenigen festzustellen, die offensichtlich nicht schutzbedürftig sind. Der Asylantrag wird dann als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt. Dafür hat das Bundesamt zwei Tage Zeit (ab Asylantragstellung). Wessen Asylantrag nicht "offensichtlich unbegründet" ist, der reist ein.

    Ob ein Asylantrag zu Recht als "offensichtlich unbegründet" abgelent worden ist, kann gerichtlich überprüft werden. Das Verwaltungsgericht hat dann zwei Wochen Zeit für seine Entscheidung. Nur wenn es in dieser Zeit auch den Asylantrag als "offensichtlich unbegründet" bewertet, bleibt es bei der Verweigerung der Einreise.

    Dass der Innenminister die hohen Kosten der Unterbringung beklagt, kann man zwar verstehen. Ein jahrelanges erfolgloses Asylverfahren in Deutschland ist aber viel teurer.

    Aber vielleicht wird aus dem Gebäude ja doch noch ein Jugendbegegnungsknast.

  • RW
    Refugees Welcome

    Der "AbschieBär" ist eine Figur der neonazistischen Gruppe "Besseres Hannover". Siehe zum Beispiel: http://www.haz.de/Hannover/Aus-den-Stadtteilen/Sued/Besseres-Hannover-beschmiert-Bismarckbahnhof

     

    Daher: Den Nazikommentar löschen, da es wohl kaum zu bestreiten ist, das sich jmd. ganz zufällig (den auch ohne diesen Hintergrund widerlichen) Namen gegeben hat!

  • H
    @hans

    Keine Ahnung, was @abschiebaer geschrieben hat (offenbar nachzensiert). Weil Sie aber hier von "eigenem Leib" und so reden: Es geht hier um offensichtlich nicht Asylberechtigte (sichere Herkunftsstaaten). Für die ist das Schnellverfahren da. Was sollen da auch jahrelange Verschleppungen bringen? Ohne den Betreffenden persönlich einen Vorwurf zu machen - wenn ich die Asylgesetze eines Landes missbräuchlich in Anspruch nehme, erwarte ich doch nicht, dass ich mir rotem Teppich empfangen werde! Auch wenn ich diese Phrase nicht mag - in diesem Fall ist das Wort "Gutmensch" angebracht - nach meiner Definition jemand, der/die seine Energien sinnlos verschendet, statt sich um tatsächliche Menschenrechtsprobleme hier und anderswo zu kümmern

  • T
    Thorben

    Hans, Problem bei Asyl ist, dass kaum einer zurück geht. Das Asylrecht darf nicht zur Disposition stehen, der Daueraufenthalt nach Beendigung des Asyls schon, sogar dringend, sonst haben Asylbefürworter immer weniger Rückhalt in der Bevölkerung- zu Recht.

  • H
    Hans

    @abschiebaer

    Ich würde Leuten wie Ihnen immer gerne die Erfahrung am eigenen leib wünschen, damit Sie mehr Verständnis für die menschlichen Schicksale haben.

  • T
    Thorben

    Weit über die Hälfte der deutschen Kinder kennt keine Urlaubsreisen mehr. Die verbringen ihre Ferien in der stickigen Großstadt. Oft reicht die Kohle nicht mal mehr fürs Schwimmbad.

    Was das mit dem Thema zu tun hat? Überlegt mal.