: Asphaltroadie tourte nach Eisenach
■ Bundeswirtschaftsminister Haussmann ist um einen Rat an VEBs nie verlegen und es ist stets der selbe
Berlin (taz/dpa) - Welch Glück, daß es ihn gibt, den guten Doktor aus Tübingen. Rechtzeitig, wenn das Wehklagen über die marktwirtschaftliche Anpassungskur in der DDR anschwillt, ist FDP-Wirtschaftsminister Helmut Haussmann mit einem heilsamen Ratschlag zur Stelle. So jetzt wieder in Eisenach. Im dortigen Automobilwerk müssen ab August 2.500 Beschäftigte kurzarbeiten. Grund: 7.000 weniger abgesetzte Wartburgs dieses Jahr. Damit das „sanierungswürdige“ Werk auch seine internationale Wettbewerbsfähigkeit erlangen könne, so der FDP-Gewaltige, dürften Löhne und Gehälter nicht ebenso hoch sein wie in der Bundesrepublik. Niedrigere Löhne, höhere Investitionen, größere Konkurrenzfähigkeit so einfach geht das.
Angesichts dieses Universallitanei des schwäbischen Protestanten müssen natürlich alle Nörgler verstummen, die auf die explodierenden Lebenshaltungskosten in der DDR hinweisen. Den berühmten Streit über das Huhn und das Ei was war zuerst da, zu hohe Löhne oder zu hohe Preise? - die neuen Bundesdeutschen werden ihn künftig noch zur Genüge kennenlernen. Ob nun Preis-Lohn-Spirale oder Lohn-Preis -Spirale, einerlei, Opfer müssen gebracht werden, einige Arbeitslose dürfen auch darunter sein.
Die „Ehe“ zwischen Wartburg und Opel, wenn sie denn klappt, sei eine gute Sache, meint Bundeswirtschaftsminister Haussmann. Mit der DDR-Regierung will er darüber sprechen, den Export des Wartburg 1.3 in die RGW-Staaten zu sichern, der noch bis zur Opel-Serienproduktion vom Band rollen soll. Die DDR werde dann in den neunziger Jahren zu einem Wachstumsmarkt par exellence für Autos werden. Der Schöpfung sei's gedankt, daß es sie gibt: Haussmann und viel Asphalt.
asw
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen