: Aserbaidschans Volksfront fordert Moskau heraus
■ Eisenbahner lassen nur wenige Versorgungszüge nach Armenien passieren / Gorbatschows Ultimatum ist abgelaufen
Moskau (afp/dpa) - Die Blockade Armeniens durch die Sowjetrepublik Aserbaidschan ist trotz anderslautender Meldungen des sowjetischen Fernsehens nicht ausgesetzt worden. Ein Sprecher des armenischen Außenministeriums sagte dazu gestern, es seien nur wenige Waggons mit Lebensmitteln, Erdölprodukten und Kies in Armenien angekommen. Die Menge der Lieferungen reiche bei weitem nicht aus, zudem wären die meisten Lebensmittel wegen der langen Wartezeit der Züge in Aserbaidschan nicht mehr genießbar gewesen.
Die aserbaidschanische Seite warf Armenien vor, die Lieferungen schon vor längerer Zeit erhalten zu haben. Auch Aktivisten der aserbaidschanischen Volksfront dementierten die Meldungen der sowjetischen Medien, die Eisenbahner der Republik hätten ihre Blockade aufgegeben. Seit Anfang September organisiert die Volksfront eine Streikbewegung, um die Hoheit über die Enklave Nagorny-Karabach wiederzuerlangen.
Das Territorium, das mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird, wurde Anfang dieses Jahres der direkten Verwaltung Moskaus unterstellt, nachdem sich zuvor beide Volksgruppen blutige Auseinandersetzungen geliefert hatten.
Am Montag hatte Staats- und Parteichef Gorbatschow in der Eröffnungssitzung des Obersten Sowjets beide beteiligten Parteien ultimativ aufgefordert, die Situation binnen der nächsten zwei Tage zu bereinigen. Im Falle einer Fortsetzung der Blockade drohte er mit „konkreten Maßnahmen“. Der Parteichef ging nicht weiter darauf ein, ob er damit auf ein militärisches Eingreifen anspielte.
Das Ultimatum ist gestern abend abgelaufen.
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