CSU fühlt sich übergangen
■ Kohls Entscheidung über Pershing hätte in der Koalition abgestimmt werden müssen / Koalitionsvereinbarung geht für die CSU vor d Berlin (taz/dpa/ap) - Während im CSU–regierten Bayern zum harten Streit gerüstet wird, bemüht man sich in CDU–Kreisen nach der Verzichtserklärung des Bundeskanzlers auf eine Modernisierung der Pershing–1A–Raketen um Schadensbegrenzung im Koalitionsstreit. Kanzleramtsminister Schäuble, der am Freitag mit dem Verweis auf Kohls Richtlinienkompetenz noch Stärke demonstriert at, verwies am Sonntag darauf, daß des Kanzlers Erklärung nur die Konsequenz der bisherigen gemeinsamen Unionspolitik und „der erreichten Handlungsfortschritte“ sei. In der Sache gebe es keine Differenzen. Doch die sieht die CSU weiterhin. Der Führer der CSU–Landesgruppe, Waigel ende, „wir bleiben auf dem Kurs, den wir rational begründet haben und für richtig halten“ Und der ist: kein Fußbreit Spielraum in den Abrüstungsverhandlungen geben. Besonders geärgert hat die CSU offensichtlich der Hinweis auf die Richtlinienkompetenz des Kanzlers. Eine solche Behandlung eines Koalitionspartners kömen noch geduldet werden“auf könne sich Kohl ja auch in Sachen innere Sicherheitstrationsstrafrecht oder Vermummungsverbot plötzlich berufen und den Koalitionspartner hinterrücks mit einer unabgesprochenen Erklärung überraschen. „Die Art der Nicht–Zusammenarbeit“ soll Thema einer CSU–Landesversammlung heute in München sein, zu der der CSU–Vorsitzende Strauß seine politischen Freunde eilends aus dem Urlaubzusammengetrommelt hat. Die CDU verlegt sich indes weiter auf Demonstration von Geschlossenheit. In einem Schreiben an alle 700.000 CDU–Mitglieder rief Kohl seine Gefolgsleute zu „Solidarität und Geschlossenheit“ auf. Die wurde ihm aus dem Südwesten auch prompt zuteil. Auf dem baden–württembergischen CDU–Parteitag in Frrichshafen wurde eine Resolution des Ministerpräsidenten Späth, die sich ausdrücklich hinter Kohls Entscheidung stellt, mit nur einer Gegenstimmen angenommen. Auch der CDU–Generasekretär Geißler betonnt, daß die CDU „eindeutig und alicher Überzeugung“ hinter Kohls Pershing–Entscheidung stehe. Der FDP–Bundestagsabgeordnete Grünbeck bewertet die unionsinterne Auseinandersetzung jedoch dramatischer. „Das könnte der Anfang vom Ende der Koalition sein“, prophezeit erist die Sache mit den ohnehin schrotwertder Tat jetzt schon zu sein, und nicht erst 1991, so meint jedenfalls der SPD–Abrüstungsexperte Scheer. Die amerikanische Herstellerfirma Martin Marietta halte die Pershing1triebssicher. Das jetzt 17 Jahre alte Kriegsgerät hat eigentlich nur eine Betrdie Startanlagen von zehn Jahren. Daraus folge, daß die Rakjetzt und nicht erst in einigen Jahren verschrottet werden müßten. Insofern erübrigt sich nach Auffassung der SPD auch nicht die von ihr einberufene Sondersitzung des Bundestages. Gemeinsam mit den „vernünftigen“ Teilen der CDU möchte die SPD auf dieser Sitzung ihren Kurs in der Pershing–Frage durchsetzen. Zuvor wird der Bundeskanzler bei einem Koalitionsgesprch am Dienstag die grollenden Unionspartner in Bayern zu beschwichtigen und auf seine Linie einzustimmen versuchen. Er kann sich tatsächlich auf eine breite Mehrheit stützen: Einer Umfrage des Tübinger Wickert–Institutes zufolge untersberechtigten Bundesdeutschen Kohls Entscheidung. In Bayern sind es immerhin auch noch 72 rozentlegen derweil öffentlich, ob sie überhaupt Zeit haben, zu dem Termin zu kommen.