D O K U M E N T A T I O N Rathenow wurde die Ausbürgerung angedroht
■ Der Schriftsteller aus Berlin–Hauptstadt antwortet auf das Angebot einer West–Reise ohne Rückfahrschein Berlin (taz) - Noch vor wenigen Wochen leistete es sich das Neue Deutschland (ND), ein durchaus auch mit kritischen Fragen gespicktes Interview mit SED–Politbüromitglied Kurt Hager aus dem Stern nachzudrucken. Das Gespräch damals war in der ND–Fassung sogar ausführlicher als in der der Illustrierten. Eine dieser zusätzlichen Passagen behandelte eine Einschätzung Stefan Heyms, der vom Interviewe zitiert wurde mit der Feststellung, es gehe in der Kulturpolitik der DDR derzeit „außerordentlich liberal“ zu, und Künstler würden noch nicht einmal behelligt, wenn sie ohne Genehmigung im Westen publizieren. Hager hatte Heyms Einschätzung in seiner Antwort ausdrücklich begrüßt und dahingehend interpretiert, daß dieser denjenigen westlichen Publizisten eine Abfuhr erteilt, die ständig die Kulturpolitik der SED als starr und rückständig verleumden. Der Ost–Berliner Lutz Rathenow ist einer der Autoen, die seit Jahren im Westen auch ohne Genehmigung publizieren. Daß die SED–Kulturpolitik doch (noch) nicht ganz so liberal ist, zeigt ein Brief Rathenows. Erstmals ist ihm mit Ausbürgerung gedroht worden, wenn auch nur indirekt.
2.5.1987