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Aromatherapie in London-City

■ Piccadilly Circus duftet nach Urlaub und Meer

London (afp) - Normalerweise unter einer Giftglocke von Autoabgasen verströmt der Londoner Piccadilly Circus seit Anfang dieser Woche angenehmen Duft. Im Morgengrauen verstäuben drei wassersprühende Kehrmaschinen täglich künstliche Wohlgerüche über Fahrbahnen und Gehwege. 91.806 DM hat die Londoner Stadtverwaltung in dieses Experiment investiert. „Wir wollen eine ideale Umwelt schaffen, die niemand mehr zerstören will“, lautete das ehrgeizige Ziel. Das Stadtviertel um Piccadilly Circus und Leicester Square, das als „dreckigstes“ in ganz London verschrien ist, soll im Rahmen des Projekts „saubere Stadt“ täglich von Abfall befreit und regelmäßig parfümiert werden. „Durch angenehme Gerüche werden gestreßte Menschen ruhig und weniger aggressiv“, erläutert Professor Van Troller, der mit einem etwa zehnköpfigen Mitarbeiterteam die Wirkungen der Aromatherapie untersucht. „Vor allem der Duft von Jod und Treibholz haben beruhigende Wirkung, denn sie erinnern an Ferien, Sonne und Wasser.“ „Es ist möglich, daß jemand, der unter Klaustrophobie leidet, seine Angst durch einen Geruch, der ihn an ein glückliches Erlebnis erinnert, überwindet“, sagt er. Ein Einsatz der Aromatherapie bietet sich seiner Meinung nach auch in britischen Fußballstadien an, um „Hooligans“ rasch zu ernüchtern. Ein Besprengen der Sitzreihen mit schmeichelnden Düften würde die Gefahr des Aufeinanderlosgehens krakeelender Fans erheblich reduzieren. Neu ist der gezielte Einsatz von Wohlgerüchen freilich nicht: Bereits in der Antike und in der Renaissance sei ihre vielfältige Wirkung bekannt gewesen, betonen Historiker und verweisen auf Duftfontänen am Versailler Hofe des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. In Großbritannien, dem Land der Hochöfen und Brauereien, sollen die Wohlgerüche nun dem Gestank in der Luft ebenso zu Leibe rücken wie den sozialen Problemen.

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