Armut: Kein Einkommen für Städter
In Hannover und Bremen ist jeder Fünfte "armutsgefährdet", sagt das Statistische Bundesamt. Obwohl auch eine Großstadt, schneidet Hamburg deutlich besser ab.
In keiner anderen westdeutschen Großstadt leben so viele Menschen an der Armutsgrenze wie in Hannover und Bremen. Zu diesem überraschenden Befund kommt eine am Mittwoch veröffentlichte Untersuchung des Statistischen Bundesamtes auf der Grundlage der Microzensus-Befragung von 2008. Danach sind jeweils 22 Prozent der Einwohner beider Metropolen "armutsgefährdet", da sie mit weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens der Bevölkerung auskommen müssen. Nur in Leipzig steht mit 27 Prozent ein größerer Einwohneranteil am Rande des Existenzminimums.
Die Untersuchung beweist: Die Armutsgefährdung in den deutschen Großstädten ist im Vergleich zum Bundesmittel von 14,4 Prozent überdurchschnittlich. Neben München existiert dabei lediglich in Hamburg (13,1 Prozent) ein leicht unterdurchschnittliches Armutsrisiko.
Problem der Statistik: Sie liefert kaum konkrete Aussagen über die Hintergründe. Ein Vergleich der Faktoren, die eine Armutsgefahr bedingen, existiert nur für die Bundesländer und Stadtstaaten, nicht aber für die Metropolen. "Soweit sind wir leider noch nicht", entschuldigt Amts-Sprecherin Bettina Mertel das Zahlenloch.
Bundesweit jeder Zehnte ist von staatlichen Transfers wie Arbeitslosengeld oder Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz abhängig. Bremen (16,3 Prozent), liegt hier vor Hamburg (13,1), Schleswig-Holstein (9,7) und Niedersachsen (9,6).
Arm im Alter: Staatliche Grundsicherung im Alter erhalten in Hamburg 5,2, in Bremen 4,7, in Niedersachsen 2,6 und in Schleswig-Holstein 2,7 Prozent.
Uneinheitliche Tendenz: Während in Bremen und Hannover wie auch im Bundestrend die Zahl der Armutsgefährdeten zwischen 2005 und 2008 zunahm, ging sie in Hamburg zurück.
Im Vergleich der Stadtstaaten und Bundesländer aber ist Bremen neben Berlin bei allen Faktoren, die ein Armutsrisiko begründen an der Spitze. So liegt die Erwerbstätigenquote mit 64,7 Prozent etwa noch unter der sämtlicher ostdeutscher Bundesländer. 16,3 Prozent der Einwohner Bremens leben überwiegend von staatlichen Transferleistungen - nur in der Bundeshauptstadt ist der Anteil größer. Bundesweit unerreicht ist mit 22 Prozent gar die Quote der Erwachsenen, die maximal über die Mittlere Reife, nicht aber über weitergehende Berufsqualifikationen verfügen. Auch bei der Quote der Langzeiterwerbslosen (5,6 Prozent) wird Bremen zwar von den Ost-Ländern und Berlin abgehängt, steht aber im Westen ohne Konkurrenz da.
Wesentlich besser sehen da die Hamburger Zahlen aus. Fast alle genannten Indikatoren liegen bei der größeren der beiden Hansestädte nahezu im Bundesschnitt - ein für eine Großstadt beachtliches Ergebnis. Nur bei der Zahl der Schulabbrecher und frühen Schulabgänger weist Hamburg mit 15,5 Prozent hinter dem Saarland das zweitschlechteste Ergebnis auf. Insgesamt aber wird Hamburg seinem Ruf als reichste Stadt Deutschlands gerecht: Jeder Zehnte verfügt über ein Einkommen, das mehr als doppelt so hoch ist wie das des Durchschnittsverdieners - Tendenz seit Jahren steigend.
Statistisch unauffällig: Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die jeweils im Mittelfeld der Faktoren-Tabellen pendeln. Unklar bleibt deshalb, warum in Hannover das Armutsrisiko so hoch ist und seit 2006 sogar noch einmal kräftig anstieg.
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