: Keine Renaissance der Hanse
Lübeck verkauft ein gutes Drittel seines Hafens an Rreef, eine britische Tochter der Deutschen Bank. Die Hamburger Hafengesellschaft HHLA verzichtet auf ein Wettbieten, will aber mit der kleinen Schwester an der Ostsee kooperieren
Bis 2015 will die Deutsche Bahn rund 200 Millionen Euro in den Ausbau der Schienenanbindungen der Ostseehäfen investieren. Speziell für Lübeck und Travemünde plant sie den zweigleisigen Ausbau sowie die Elektrifizierung der Strecken zum Hafen. Bereits kurz vor der Fertigstellung sind Ausbau und Elektrifizierung der Gleise zwischen Lübeck und dem Hamburger Hafen. Nach aktuellen Prognosen wird der Lübecker Hafen bis 2015 seinen Umschlag um mehr als 40 Prozent auf 44 Millionen Tonnen steigern. Damit würde Lübeck seine Position als größter deutscher Hafen an der Ostsee festigen. SMV
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Mit der Renaissance der Hanse wird es nichts. Die Kooperation zwischen den Häfen von Hamburg und Lübeck wird weiterhin halbherzig sein. Denn die einstige Königin der Hanse an der Ostsee will ein gutes Drittel ihres Hafens nicht an die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) verkaufen, sondern an den Londoner Finanzdienstleister Rreef, eine Tochter der deutschen Bank. Der zweite verbliebene Interessent, der Logistik-Konzern Rhenus aus Nordrhein-Westfalen, kommt nicht zum Zuge.
Das hat jetzt der zuständige Lenkungsausschuss der Lübecker Bürgerschaft nach einer Anhörung der beiden Bieter empfohlen. Die offizielle Entscheidung in der Ratsversammlung fällt am 4. März, die Zustimmung gilt als sicher.
Zuvor war die HHLA aus dem Bieterrennen ausgestiegen, weil sie „nur unzureichende Möglichkeiten zur Umsetzung unserer strategischen Ziele“ gesehen habe, so Unternehmenssprecher Florian Marten. Deshalb habe sie letztlich darauf verzichtet, ein verbindliches Angebot abzugeben. Das Geschäft sei schlicht, so Marten, „nicht so attraktiv, wie wir ursprünglich dachten“.
Im Juni hatten Politik, die städtische Lübecker Hafengesellschaft (LHG) und die Gewerkschaften sich vertraglich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt. Vorausgegangen war ein wochenlanger Arbeitskampf gegen die Absicht der CDU-Mehrheit in der Lübecker Bürgerschaft, bis zu 90 Prozent der LHG meist bietend zu verkaufen. Mit den erhofften Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe sollte das städtische Haushaltsloch von rund 160 Millionen Euro gestopft werden.
Auf Vermittlung von Bernd Rohwer, Chef der Industrie- und Handelskammer in Lübeck und ehemaliger SPD-Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, war dann vereinbart worden, lediglich 37,5 Prozent in zwei Tranchen an „einen strategischen Partner“ zu verkaufen. Damit waren so genannte Heuschrecken außen vor. Zudem hatte die EU den Konsens erzwungen, weil sie mit der Rückforderung eines Zuschusses von 60 Millionen Euro drohte. Mit dem Geld war die Infrastruktur des Doppelhafens in Lübeck und dem vorgelagerten Fährhafen Travemünde ausgebaut worden. Die EU hätte es nicht eingesehen, dass die Lübecker Kaufleute das Geschenk aus Brüssel weiter verhökern.
Deshalb standen nun nur noch die Anteile an der Betriebsgesellschaft LHG zum Verkauf, Kaianlagen, Verkehrswege und sonstige Infrastruktur bleiben bei der Stadt. Die erhält 1,5 Millionen Euro Miete pro Jahr von der LHG, zudem zahlt Rreef zunächst 25 Millionen Euro für die erste Tranche von 25,1 Prozent. Für weitere 12,4 Prozent werden in fünf Jahren zusätzliche 23 Millionen Euro fällig. Das sei ein Ergebnis, „das nur Optimisten für möglich gehalten hätten“, freut sich Ekkehart Eymer, CDU-Ratsherr und Aufsichtsratsvorsitzender der LHG.
Zustimmung kommt auch von den Arbeitnehmern der LHG. „Rreef hat ein auch in unseren Augen sehr gutes Konzept vorgelegt. Außerdem haben wir uns in der Verpflichtung gesehen, uns an die Schlichtungsvereinbarung vom Sommer 2007 zu halten“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Klaus-Peter Mialkas.
Nun hoffen die Lübecker, zusammen mit ihrem finanzkräftigen Partner Rreef langfristig in russische und baltische Häfen einsteigen zu können. Der Ausbau der Verkehre im Ostseeraum sei eine der Strategien, mit denen Rreef überzeugt habe, sagte Wirtschaftssenator Wolfgang Halbedel (CDU).
Aus dem Umfeld der HHLA sind jedoch genau an diesem Punkt Zweifel zu hören. Es sei nicht überzeugend ersichtlich gewesen, dass die LHG die Kraft und Bereitschaft zur notwendigen Modernisierung habe. Zudem mangele es an der Trave „an einer eindeutigen Strategie“.
An der weiteren Zusammenarbeit ändere das aber nichts, zumal die HHLA am Containerterminal Siems in Lübeck beteiligt ist. Hamburg ist der östlichste Atlantikhafen und Lübeck der westlichste Ostseehafen – da ist Kooperation eine Frage der ökonomischen Notwendigkeit.