Folter ist der Polizei verboten

„Verschärfte“ Verhörmethoden sind in Deutschland umfassend ausgeschlossen. Strafrechtlich könnte die Sache für die Frankfurter Polizisten aber glimpflich enden

FREIBURG taz ■ Eigentlich sind Menschen in Polizeigewahrsam umfassend vor Folter geschützt. Dennoch gibt es immer wieder juristische Diskussionen, ob im Einzelfall Folter oder andere verbotene Vernehmungsmethoden nicht doch erlaubt sind.

In der Strafprozessordnung heißt es ausdrücklich: „Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung darf nicht beeinträchtigt werden durch Misshandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung und durch Hypnose.“ Diese umfassende Aufzählung unzulässiger Verhörmethoden wird noch ergänzt durch den Zusatz, dass bereits die „Drohung“ mit einer verbotenen Maßnahme verboten ist.

Die Strafprozessordnung des Bundes gilt allerdings nur für die Aufklärung bereits erfolgter Straftaten. Die Frankfurter Polizei beruft sich jedoch darauf, dass sie mit der Androhung und möglichen Zufügung von „Schmerzen“ kein Geständnis erpressen wollte, sondern das Leben des entführten Kindes retten wollte, von dessen Tod man noch nicht wusste. Für die bloße Gefahrenabwehr gilt aber nicht die Strafprozessordnung des Bundes, sondern die Polizeigesetze der Länder.

Doch damit ist das Folterverbot nicht ausgehebelt. Teilweise enthalten auch die Polizeigesetze der Länder ähnliche Schutzvorschriften. „Die Polizei darf bei Vernehmungen zur Herbeiführung einer Aussage keinen Zwang anwenden“, heißt es etwa im baden-württembergischen Polizeigesetz. Und auch dort, wo solche gesetzlichen Regelungen fehlen, sind die Inhaftierten nicht schutzlos. Denn über allem steht das Grundgesetz, und dort heißt es in Artikel 104: „Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich misshandelt werden.“ Dem Staat ist damit jede Form „verschärfter Vernehmung“ verboten.

Die ganz überwiegende Mehrzahl der deutschen Rechtsprofessoren lehnt jede Relativierung des absoluten Folterverbotes ab. Auch ein „übergesetzlicher Notstand“ wird ausgeschlossen. Die Frankfurter Verantwortlichen müssen wohl zumindest mit Disziplinarmaßnahmen rechnen.

Zunächst geht es im Frankfurter Fall aber noch um die Frage, ob die zuständigen Polizisten hier vor ein Strafgericht gehören. Als Delikte kämen „Nötigung“, wenn es bei der Drohung bleibt, und „Körperverletzung“ bei angewandter Folter in Betracht. Falls überhaupt Anklage erhoben wird, ist jedoch vermutlich mit einem Freispruch zu rechnen, da die Tat im „rechtfertigenden“ oder im „entschuldigenden Notstand“ begangen wurde. Denn die Beamten haben mit ihrer Tat versucht, eine „gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr“ für das Leben Jakob von Metzlers abzuwenden.

CHRISTIAN RATH