„Seitensprung als Chance“

Ist die rot-grüne Beziehung in Düsseldorf noch zu retten? Der Paartherapeut Friedhelm Schwiderski gibt Tipps für das morgen anstehende Krisengespräch

taz: Herr Schwiderski, in Ihre Sprechstunde kommt ein Paar, das seit acht Jahren eine Vernunftehe führt. In letzter Zeit haben sich die beiden ständig öffentlich gestritten. Einer der beiden hat angedeutet, er könne sich auch einen anderen Partner vorstellen. Ist solche eine Beziehung noch zu retten?

Friedhelm Schwiderski: Nur dann, wenn beide wirklich den Willen dazu haben – und wenn sie in der gemeinsamen Vergangenheit so viel positive Substanz sehen, dass es sich dafür zu kämpfen lohnt.

Genügt es, „ergebnisoffen“ in ein solches Beziehungsgespräch zu gehen, wenn man sich doch wieder zerfleischt?

Dem Wort muss eine geeignete Tat folgen, damit der andere wirklich daran glauben kann.

In unserem Fall hat einer der beiden eine lange Liste von Punkten aufgestellt, die ihn an seinem Partner stören. Ist das nicht kleinkariert?

Nein, das kann sogar sehr sinnvoll sein. Oft bildet sich über die Jahre ein negatives Gesamturteil. Wenn man sich einzelne Punkte genau anschaut, stellt man fest: Da können wir uns doch eigentlich verständigen.

Und wenn sich beide Partner als modern empfinden – und dem jeweils anderen vorwerfen, er sei altmodisch?

Gerade dann ist diese Methode hilfreich. Woran macht sich dieser angebliche Widerspruch eigentlich fest? Was wäre ein Ergebnis, das uns beiden nützen würde? Dann können Sie die Klassifizierung in modern und altmodisch wieder vergessen.

Aber wenn man allzu ausgiebig mit einem Partnerwechsel liebäugelt – wird die Demütigung nicht so groß, dass es kein Zurück mehr gibt?

Das ist in der Tat eine Gefahr. Der andere kann so verletzt sein, dass er sagt: Ich ziehe lieber selbst den Schluss und trenne mich von dir. Aber wenn es nicht so weit kommt, kann das Fremdgehen auch eine belebende Wirkung haben.

Konflikte können also auch positiv sein?

Unbedingt. Wenn Konflikte nicht ausgetragen werden, summiert sich mit der Zeit ein Potenzial an ungelösten Themen. Das führt zu immer weniger Lebendigkeit und Spaß miteinander.

Wenn sich die beiden jetzt noch einmal zusammenraufen – kann das dauerhaft gut gehen, oder wird es immer wieder zu neuen Streitereien kommen?

Wenn sich das Paar wirklich auf neue Erfahrungen einlässt, kann das eine wirkliche Chance sein. Aber diese Ernsthaftigkeit müssen beide Partner aufbringen.

INTERVIEW: RALPH BOLLMANN