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Dreistimmig weitersingen

Die Hauptstadt bangte und atmet auf: Der Bestand der drei Opernhäuser, der aus der Kasse der Stadt nicht mehr finanzierbar ist, erhält Hilfe von Kulturstaatsministerin Christina Weiss – 25 Millionen Euro fließen an die Spree. Doch damit geht der schwarze Peter nur zurück nach Berlin

Eigentlich gehört die Kunstgattung Oper zur Kategorie der Musiktheater. Das ist in Paris so, in Mailand und sogar an der Metropolitan Opera New Yorks. Weil in Berlin jedoch fast alles anders ist, gehört dort die Kunstgattung Oper nicht der Musik, sondern ist eine betriebswirtschaftlich-politische Größe.

Das war in den vergangenen Jahren so, als darum gefeilscht wurde, welches Haus den Löwenanteil der öffentlichen Zuschüsse in Höhe von 115 Millionen Euro kassiert. Das war in den letzten Wochen und Tagen so, weil Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit für die Schließung einer der drei Bühnen plädierte, sollte der Bund nicht ein Haus übernehmen oder zusätzlich 33 Millionen Euro für den Berliner Kulturhaushalt zur Verfügung stellen. Und das wird wohl auch in Zukunft so sein, wenngleich am Mittwoch Kulturstaatsministerin Christina Weiss das scheinbare Ende des Berliner Operndramas verkündete. Will der Bund doch mit 25 Millionen Euro jährlich den hauptstädtischen Kulturhaushalt entlasten und damit den Reformweg für die Opernhäuser frei machen. Warum also weiter so?

Berlin kann seine drei Opernhäuser – die Staatsoper Unter den Linden, die Deutsche Oper und die Komische Oper – behalten, lautete gestern die Botschaft von Weiss. „Um schweren Schaden“ von der hauptstädtischen Kulturlandschaft abzuwenden, habe sich der Bund entschieden, dem Land ab 2004 mit 25 Millionen Euro unter die Arme zu greifen. Obwohl die vom Berliner Senat geforderte Summe von 33 Millionen unterschritten werde, könnte mit dem Obolus die Eigenständigkeit der Häuser erhalten und die geplante Opernstrukturreform realisiert werden.

Gerade die anvisierte Reform – die Gründung einer Opernstiftung als Dach der drei großen Bühnen, Unternehmerstrukturen (GmbHs), die Zusammenlegung der Werkstätten und Teile der Ensembles sowie Personalreduzierung von über 100 Mitarbeitern – gleiche den Fehlbetrag aus. 10 Millionen könnte das bringen, „sofort“, glaubt Weiss. „Wir haben das gerechnet.“

Aus Sicht der Staatsministerin sind die 25 Millionen Euro unter den gegebenen Haushalts-Umständen sicher das Nonplusultra. Die Morgengabe bringt zudem noch etwas: Statt eines Schecks an Berlin hat Eichel ihren eigenen Etat mit der Millionensumme aufgestockt.

Weiss will damit die Akademie der Künste, die Deutsche Kinemathek und die Betriebskosten für den Ausstellungskomplex Hamburger Bahnhof in Bundesträgerschaft übernehmen. Das Land Berlin ist dafür die Institutionen – und die jährlichen Belastungen – los. Ein gelunger Deal, könnte man meinen.

Einmal davon abgesehen, ob die konzeptionslose Übernahme Berliner Institutionen durch den Bund überhaupt Sinn macht, ist der Opernkonflikt explizit nicht ausgeräumt. Weiss hat in dem ständigen Showdown über die „Verantwortung des Bundes für hauptstädtische Kulturinstitutionen, die von gesamtstaatlichem Interesse sind“, wie Wowereit sagt, geschickt gepunktet. Es ist die Replik auf die Berliner Erpressungsversuche der letzten Tage, einfach eine Oper dichtzumachen, wenn der Bund nicht blecht. „Wir brauchen in Berlin das Symbol der Opernschließung“, hatte Wowereit in Richtung Kanzleramt gehöhnt.

Diese Ohrfeige kommt nun zurück. Mit der Weiss’schen „Rettungsaktion“ ist – mit viel Gefühl zwar – aber einmal mehr der schwarze Peter an Berlin zurückgespielt worden. „Berlin ist nun aufgefordert, keinen Schaden entstehen zu lassen“, mahnte Weiss in Richtung Senat. Nicht nur die „kulturpolitischen Banausen“, wie Theatermann Claus Peymann die Anti-Opern-Hardliner im Senat, Finanzsenator Sarrazin und Bausenator Strieder (beide SPD), bezeichnete, werden sich zieren, über die 25-Millionen-Latte zu springen. Blockieren sie, ist ihr Image zwar beschädigt, nicht aber ihre Maßgabe, den Kulturetat zu verringern. Berufen kann sich Berlin zudem auf einen Senatsbeschluss, der die Schließung eines Hauses fordert, fallen die Bundeshilfen nicht wie erwartet in Höhe von 33 Millionen Euro aus.

Abzuwarten gilt darum, wie sich Berlin nun zu dem Weiss-Angebot positioniert. Klug wäre es, dieses zu akzeptieren, legte Kultursenator Flierl gleich im Anschluss an den Weiss-Auftritt gestern nach. Leider ist Flierl in Berlin fast der Einzige, der die Opern nicht nur in betriebswirtschaftlichen Dimensionen rechnet. ROLF LAUTENSCHLÄGER

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