debatte: opas sportverein am ende?: Verteidigung eines Totgesagten: Der Sportverein lebt
Wenn Vereine die Opa-, Eltern- und Enkelgeneration überleben wollen, müssen sie neue Wege der Finanzierung finden
Opas Sportverein hat sich vielerorts bereits zum modernen Sportanbieter für alle Generationen gewandelt. Eines aber hat er sich bewahrt: Der Sportverein ist und bleibt eine Begegnungsstätte, eine Zelle des sozialen Miteinanders. Hierin liegt eine seiner ganz großen Stärken, die gleichzeitig die Schwäche von Fitness-Studios und anderen erwerbswirtschaftlichen Anbietern ausmacht.
Auch Vereine müssen sich verstärkt mit Trendsportarten auseinandersetzen und überlegen, welche davon sie erfolgreich in ihr eigenes Angebot aufnehmen können. Gute Erfolgsaussichten für Sportvereine sehe ich für die Zukunft jedoch in der Konzentration auf ein paar Trendbereiche und weniger auf Trendsportarten. Letztere kommen und gehen zu schnell. Da können privatwirtschaftliche Anbieter sich schneller anpassen.
Solche Trendbereiche, die einen längeren Atem und zudem gesellschaftspolitische Bedeutung haben, sind:
Spezielle Angebote für „dicke“ Kinder (Ausdauer- und Gesundheitssport) und für Kinder mit motorischen Defiziten, um den alarmierenden Anstieg dieser Gruppen aufzufangen und hier entgegenzuwirken.
Sportangebote und -arbeitsgemeinschaften in Ganztagsschulen. Hier ist eine besondere Präsenz der Vereine gefordert, um „ein Bein in die Tür der kommunalen Träger zu bekommen“ und nicht zuzulassen, dass die allgemeinen Wohlfahrtsverbände mit zumeist weniger gut ausgebildeten Übungsleitern dieses Feld besetzen.
Spezielle Sportangebote für Senioren, die neben Gesundheitsvorsorge, Ausdauertraining und Freude an der Sache immer auch ein „Rennen gegen die Einsamkeit im Alter“ sind.
Wohnortnahe Sportangebote für Menschen mit Behinderungen, die Behindertensport nicht vordergründig als Rehamaßnahme begreifen, sondern berücksichtigen, dass gerade Menschen mit Behinderungen eine besondere Sinngebung und Quelle der Freude im Sport sehen.
Ich bezweifle, dass der Vereinssport sich erfolgreich im sogenannten Wellnessbereich etablieren kann. Zu hohe Investitionen wären erforderlich, durchgehend zu hoch sind die Ansprüche der „Konsumenten“ an das Ambiente. Auch hierin sehe ich, genau wie bei ausgesprochen kurzlebigen Trendsportarten, in erster Linie ein Betätigungsfeld für die private Wirtschaft.
Wenn Sportvereine die Opa-, Eltern- und Enkelgeneration überleben wollen, müssen sie künftig sicher auch zusätzlich andere Wege der Vereinsfinanzierung beschreiten. Möglichkeiten hierzu sind Verträge mit Unternehmen im lokalen Umfeld, denen Mitarbeiterangebote beispielsweise für Ausgleichssport und Wirbelsäulentraining gemacht werden können.
Eine weitere Chance liegt im Zuge der Globalisierung auf der einen und der regionalen Besinnung und dem Heimatbezug auf der anderen Seite im Aufbau einer „local identity“, in der es für die heimische Wirtschaft und gesellschaftliche Gruppen selbstverständlich wird, das lokale Vereinswesen so gut es geht zu stützen und zu fördern.
INGRID PIEPER-VON HEIDEN
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