bse in den usa : Rindvieh Verbraucher
In einem Agrarbetrieb der Uckermark ist kürzlich ein neuer BSE-Fall festgestellt worden. Und? Kribbelt’s? Sind Sie alarmiert? Wollen Sie mehr wissen? Eben. Es war der – ungefähr – 288. BSE-Fall in Deutschland.
KOMMENTARVON NICK REIMER
In den USA ist das anders. Pünktlich zum Weihnachtsfest Anno Domini 2003 musste die auf vielen Schlachtfeldern siegreiche Supermacht erfahren, dass Schlachten daheim mit diversen Risiken und Nebenwirkungen verbunden ist. Das renommierte tiermedizinische Labor im englischen Weybridge bestätigte gestern – wenn auch nur vorläufig – den BSE-Verdacht bei einer Holsteinkuh, die aus einem Milchbetrieb des Staates Washington stammt.
Die Reaktionen auf diese Nachricht waren in den USA in etwa so, wie weiland in Deutschland – als sich hier im Jahre 2000 der erste BSE-Fall bestätigte. Die Fernsehanstalten haben das Topthema. Die Aktienkurse der Schnellrestaurants rauschten in den Keller. Kanada, die Staaten Asiens und des südlichen Afrikas verhängten ein Exportstopp. Experten errechneten ein Nachfragerückgang, der einen Preisverfall von bis zu 20 Prozent mit sich bringt. Die mächtige US-Rindfleischindustrie wird 2 Milliarden Dollar einbüßen.
Vielleicht, orakeln US-Tier- oder -Verbraucherschützer, kommt jetzt endlich die Wende zu einer gesünderen, nachhaltigeren Agrarwirtschaft. Old Europe ist da schon weiter. Sicherlich sind die Verbraucher bereit, in Umfragen großes Interesse am Umbau der Landwirtschaft zu bekunden – solange die Schlagzeilen groß genug, die Bilder triefend blutig sind. 200 BSE-Fälle später sind diese Bilder aber an der Ladentheke vergessen. Emnid ermittelte im letzten Jahr, dass 80 Prozent der Deutschen wieder hohes Vertrauen in die deutsche Agrarwirtschaft haben. Der Absatz von Biorindfleisch – im deutschen BSE-Jahr eins auf Rekordniveau hochgeschnellt – hat mittlerweile die Nischendaseins-Zahlen aus der Zeit davor erreicht. Und wenn eine grüne Verbraucherministerin heute die Legehennenverordnung durchzusetzen versucht, weht ihr der Atem der alten Agrarlobby wieder ätzend ins Gesicht.
BSE sei für die Landwirtschaft das, was Tschernobyl für die Atomenergie war, hatte die grüne Agrarpolitikerin Bärbel Höhn einst festgestellt. Die Realität ist anders: Wir Verbraucher sind eine Herde Rindviecher, die fressen, was ihnen vorgesetzt wird. Bis es mal wieder weh tut.
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