Eine einmalige Gelegenheit

MAKKABIADE: Der Berliner Gert Rosenthal ist nicht nur Rechtsanwalt und der Sohn einer TV-Legende, sondern auch Hockeyfunktionär. Mit viel Elan und teutonischem Rückenwind hat er ein Team für die Makkabiade zusammengestellt

■ Die „jüdischen Olympischen Spiele“ gibt es seit 1932, immer fanden sie in Palästina bzw. im späteren Israel statt. Seit 1953 werden sie alle vier Jahre ausgetragen. Seit 1960 stehen die Makkabi-Spiele unter dem Patronat des Internationalen Olympischen Komitees.

An der 18. Makkabiade nehmen über 7.300 Sportler aus 52 Ländern teil, 180 Teilnehmer kommen aus Deutschland. Prominentester Athlet ist in diesem Jahr der vierfache Schwimmolympiasieger Jason Lezak aus den USA. In früheren Jahren nahmen auch Sportstars wie Mark Spitz, der als Schwimmer bei den Olympischen Spielen in München sieben Goldmedaillen gewann, oder der Tennispieler Brad Gilbert teil.

AUS BERLIN MARTIN KRAUSS

Am Dienstag wird ein Traum in kurzen Röckchen wahr. Um 17.30 Uhr ist dann nämlich in Israel der Anstoß zum Damenhockeyländerspiel zwischen Argentinien und Deutschland. Nur ist es kein richtiges Länderspiel, auch wenn beide Teams in offizieller Kleidung ihrer Sportverbände antreten. Am heutigen Montag beginnt nämlich in Israels Nationalstadion in Ramat Gan nahe Tel Aviv die 18. Makkabiade. Das Sportfest gilt als „jüdische Olympiade“.

Erstmals ist ein deutsches Damenhockeyteam dabei, und diesen Traum hatte Gert Rosenthal, nicht nur Sohn der Fernsehlegende Hänschen („Dalli-Dalli“), sondern auch ein Berliner Hockeyfunktionär. Rosenthal fand drei Frauen mit Bundesligaerfahrung, darunter die frühere Nationalspielerin Rebecca Landshut aus Hamburg. Einige Regionalligaspielerinnen und viele talentierte A-Jugendliche meldeten sich. Alle erfüllten die Voraussetzung: jüdisch und hockeybegeistert.

Doch Rosenthal fand auch außerjüdische Unterstützung: Die 231-fache Nationalspielerin Britta Becker, Ehefrau des Fernsehmoderators Johannes B. Kerner, fungiert als Teammanagerin. Cheftrainer ist Rüdiger Hänel, der schon die deutsche und die chinesische Auswahlmannschaft betreute. Sein Kotrainer ist Sascha Heinrich, bis neulich noch Verbandstrainer in Hamburg und heute hauptamtlich beim Berliner-Steglitzer TK angestellt, wo Rosenthal die Hockeyabteilung leitet. Und als Teamarzt konnte Stephan Temme gewonnen werden, der sonst die Volleyballnationalmannschaft der Männer betreut. „Wir rechnen mit einer Medaille im Damenhockey“, kann dann auch Gideon Osterer sagen, der Vorsitzende des jüdischen Sportverbandes Makkabi Deutschland und Chef de Mission.

„Es gibt ein bisschen Geld von Makkabi Deutschland, dem Dachverband“, sagt Rosenthal, „und im privaten Umfeld habe ich Spenden gesammelt. So bleibt der Eigenanteil, den die Spielerinnen zu zahlen haben, recht niedrig.“ Der Deutsche Hockeybund stellt die Trikots und die Trainingsanzüge. „Jetzt haben wir richtige Nationalmannschaftstrikots“, sagt Rosenthal, „dafür sind wir sehr dankbar.“

Rüdiger Hänel, der zu den besten Hockeytrainern der Welt zählt, hat das Engagement ehrenamtlich übernommen. Das Flugticket wird ihm gezahlt, ein Honorar erhält er nicht. „Erstens war ich noch nie in Israel“, sagt er. „Zweitens ist mir die Teilnahme ideell sehr wichtig. Und drittens ist es für mich eine Konstellation, die ich im Hockey noch nicht hatte: Es sind junge Nachwuchs- und fertige Bundesligaspielerinnen. Die zu einem Team zu formen, ist sehr reizvoll.“

Allerdings hatte Hänel bei den drei Vorbereitungslehrgängen, die Rosenthal in Berlin organisierte, das Team nie vollständig zusammen. Die Bundesligaspielerinnen hatten meist wichtigere Termine, eine Spielerin lebt in London, und die Torfrau Bora Hermanns war für ein Jahr im Schüleraustausch in Argentinien, von wo sie ausrichten ließ, dass in ihrem Team in Buenos Aires sieben sehr gute Spielerinnen für die Makkabiade trainieren.

„Es ist enorm, welche Bedeutung die Makkabiade für die Spielerinnen hat“

RÜDIGER HÄNEL

Mit Katrin Hemsing wurde eine 27-jährige ehemalige Bundesligaspielerin reaktiviert, die vor zwei Jahren nach Israel ausgewandert war. „In Israel gibt es leider kein Hockey“, sagt Hemsing, die früher für den Berliner TuS Lichterfelde spielte. „Umso mehr habe ich mich gefreut, als Gert Rosenthal bei mir anrief.“ Die Schwierigkeit, vor der Rosenthal stand, beschreibt Rebecca Kowalski, 26-jährige Kapitänin des Teams und frühere Regionalligaspielerin vom Steglitzer TK, so: „Als ich als Jugendliche aktiv Hockey gespielt habe, wusste ich ja gar nicht, wer außer mir jüdisch ist.“ Rosenthal schrieb viele Vereine und Verbände an, aber die wussten es natürlich auch nicht. In keinem der 37 Makkabi-Vereine in Deutschland gibt es eine Damenhockeyabteilung. „Ich war sehr überrascht, als mich Gert Rosenthal anrief und sagte, dass es wohl klappt“, sagt Kowalski.

Die Spielerinnen, die sich jetzt gefunden haben, sind umso motivierter. „Für uns Sportler ist eine Makkabiade ja fast eine Olympiade“, erklärt Kowalski. „Was man sonst mit Olympischen Spielen assoziiert, das assoziieren wir ja mit der Makkabiade.“ Katrin Hemsing sagt: „Bei mir ist die Aufregung viel größer als bei einem normalen Ligaspiel.“ Und Rebecca Landshut, die mit dem Hamburger Club an der Alster schon den Europapokal holte und in der Nationalmannschaft stand, sagt: „Es ist für mich auf jeden Fall eine Ehre, nach Israel zu fahren.“ Diese Begeisterung hat auch den Nichtjuden Rüdiger Hänel gepackt. „Es ist enorm, welche Bedeutung die Makkabiade für die Spielerinnen hat.“

„Juden aus aller Welt zu treffen, ist ein wichtiger kultureller Aspekt“, sagt Kowalski, fügt aber hinzu, dass bei ihr der Sport im Mittelpunkt steht. Das gilt für alle, wie Kotrainer Sascha Heinrich erklärt: „Es ist für die jüngeren Spielerinnen natürlich auch die Chance, einmal beim Leistungshockey dabei zu sein.“ Damit sie den Sport nicht vergessen, stehen sie am Dienstag Argentinien, am Mittwoch den Niederlanden und später noch den USA und Australien gegenüber.