Lobeshymnen für die Underdogs

Teams der Woche: Alemannia/Wacker und TeBe Berlin trafen im Endspiel des Oddset-Cups aufeinander. Das Spiel David gegen Goliath entschied nach zähem Ringen und Elfmeterschießen aber die Oberliga-Größe TeBe für sich

Klaus Basikow konnte die vielen Lobeshymnen auf seine Underdogs nicht mehr ertragen. „Wir hätten lieber gehört: Was habt ihr für einen Mist gespielt! Stattdessen stehen wir jetzt mit leeren Händen da“, grummelte der 67-jährige Trainer von Alemannia/Wacker nach der dramatischen 3:4-Niederlage im Elfmeterschießen des Endspiels um den Oddset-Cup gegen Tennis Borussia. Tapfer gekämpft hatten Basikows Verbandsliga-Davids gegen Oberliga-Goliath TeBe, aber die Nerven hielten nicht. „Ich wollte gar nicht schießen“, entschuldigte sich Kapitän Martin Koohgliani für seinen Fehlversuch im Elfmeter-Krimi.

Basikow, in Personalunion Fußball-Vorsitzender des Mehrspartenclubs aus Reinickendorf, machte seinem Schützling keinen Vorwurf. Der Mann weiß, was Tiefschläge bedeuten. Als einer von drei Torhütern, die Tasmania 1900 in der Minussaison 1965/66 verschliss, setzte Basikow legendäre Allzeit-Tiefpunkte in der Bundesliga-Statistik.

Den jüngsten Rückschlag mit Alemannia/Wacker, den ersten nach neun erfolgreichen Auftritten in der Meisterschaft, steckte der weißhaarige Methusalem unter den Trainer-Jungdynamikern mit nostalgisch verklärtem Blick auf den siegestaumelnden Rivalen weg. „Als ich mit dem Fußball anfing“, erzählte der wackere Klaus, „war TeBe meine Lieblingsmannschaft.“

Sein Kollege Theo Gries wirkte nach Spielschluss genauso aufgerieben wie seine Helden in den kurzen, von grünen Rasenspuren gezeichneten Hosen. „Ich habe gebetet während des Elfmeterschießens“, gestand der TeBe-Coach. Dann analysierte der frühere Hertha-Torjäger aus den 80er-Jahren Verlauf und Taktik des Pokal-Marathons im Jahn-Sportpark. Umso kürzer fasste sich Timo Hampf, sein Torhüter, der mit einem verwandelten und einem parierten Elfmeter von den TeBe-Fans gefeiert wurde. „Das ist einfach ein geiles Gefühl, ein verrückter Tag“, jauchzte er.

Hampf stand Gries nur deshalb zur Verfügung, weil Timos Freundin Katja spontan das Babysitting für die 15 Monate alte Tochter Lilly übernommen hatte. Denn die Zeiten, als TeBe eine Profitruppe verhätscheln konnte, sind passé. Erst vor Jahresfrist hat der Traditionsclub aus Charlottenburg ein Insolvenzverfahren mit Mühe überstanden. Feierabend-Heros Hampf etwa ist im Hauptberuf Versicherungskaufmann in Cottbus und auf dem Weg ins TeBe-Training täglich 300 Kilometer im Auto unterwegs. „Ich wäre froh, wenn alle meine Spieler einen Beruf nachweisen könnten. Das würde für unseren Verein vieles leichter machen“, betonte Gries.

Peter Antony, formell Borussias Vorstandsvorsitzender, aber ohne Affinität zu entsprechender Titulierung, schien fast wehmütig ums Herz, als die Jubelgesänge der Lila-Weißen nach dem Pokalsieg anschwollen. „Wir waren finanziell am Boden, wir waren tot. Der Pokalsieg ist deshalb eine Leistung, die man nicht genug würdigen kann“, raunte Antony aus der Tiefe des Vip-Raumes. JÜRGEN SCHULZ