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Das populistische Rolemodel

Michaela Namuth analysiert in ihrem Buch Berlusconis Vorreiter­rolle für die populistische Rechte

Von Edith Kresta

Er war ein Eisbrecher für andere Typen seiner Art“, schreibt Michaela Namuth in ihrem Buch „Mein Italien mit Berlusconi“. „Berlusconis Erfolg stellt einen Wendepunkt in der Entwicklung von kapitalistischen Demokratien dar“, meint die Autorin. Seit 1994 berichtet sie für Magazine und Zeitungen aus Italien, darunter auch die taz. Der Medienmilliardär Silvio Berlusconi startete fast gleichzeitig, 1993, seine Karriere als aktiver Politiker. Damals wollten alle Medien in Deutschland und der Schweiz wissen, was er so trieb. Ein guter Start also für eine freie Korrespondentin in Rom.

Aus unterschiedlichen Blickwinkeln, mit Artikeln, Reportagen und Interviews, die sie im Laufe der Jahre veröffentlichte, umkreist Michaela Namuth das Phänomen Berlusconi und die italienischen Zustände. Und sie versucht sich zu erinnern, wie sie die Zeit damals persönlich erlebte. Die damals verfassten Geschichten aus Italien bindet sie ein in ihre persönliche Betrachtung und Analysen aus heutiger Perspektive. Und sie hat dabei ein weites Spektrum im Blick: Politik, Wirtschaft, Medien, Mode und Architektur sind ihre Themen. Etwa die nachhaltige Veränderung, Vereinnahmung und Vulgarisierung der Medienlandschaft in einem Interview mit dem damaligen Chef der Tageszeitung la Repubblica, Eugenio Scalfari, oder das Interview mit dem ehemaligen Kreativchef von Benetton, dem Fotografen Oliveria Toscani, der die Modefotografie mit der Benetton-Werbung revolutionierte, als er sterbende Aids-Kranke und küssende Nonnen abbildete. Aber auch Reportagen über den lokalen Widerstand gegen die Mafia und die wirtschaftliche Misere findet man in dem Buch.

Ein spannendes Mosaik also, das über unterschiedlichste Themen eine gesellschaftliche Entwicklung auffängt und abbildet, das Phänomen des „Berlusconismus“. Und der, so die Analyse der Autorin, hat sich tief in die italienische Gesellschaft eingegraben. Ein zutiefst antidemokratischer, egoistischer Marktliberalismus habe sich durchgesetzt. Michaela Namuth sieht den politischen Populismus eines Berlusconi, getragen von antidemokratischen, rechtsextremen politischen Kräften, als Vorreiter der heute überall präsenten europäischen Populisten von Marin Le Pen bis Viktor Orbán. Dabei habe sich Berlusconi, der Partylöwe und Entertainer, pragmatisch nur am eigenen Nutzen orientiert.

Michaela Namuth: „Mein Italien mit Berlusconi: Und was daraus geworden ist“. Hirzel Verlag, München 2024, 172 Seiten, 22 Euro

Er verfolgte zwei Ziele: die Sanierung seines Medienkonzerns und die Immunität als Politiker, um nicht wegen Betrugs und Bilanzfälschung im Gefängnis zu landen. Beides ist ihm geglückt. Nachfolgerin im Verlagskonzern Mandadori ist seine älteste Tochter mit engen Verflechtungen zur rechten Regierung Melonis.

Michaela Namuths Buch ist ein Stück spannende Zeitgeschichte. Eine Geschichte des zunehmenden Populismus und des Niedergangs einer kritischen Medienlandschaft. Aber es ist kein Abgesang auf Bella Italia. Im Gegenteil, Namuth weiß die Schönheit und Vorzüge ihrer Wahlheimat immer noch sehr zu schätzen. Das lässt sie die Leser spüren.

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